Batman v Superman: Dawn of Justice

Katastrophen üben eine seltsame Faszination auf uns aus. Das gilt nicht nur für Unfälle, sondern manchmal auch für misslungene Filme: Man muss sich schon selbst davon überzeugen, dass die Kritiker Recht haben, vielleicht verbunden mit der Hoffnung, dass es schon nicht so schlimm sein wird, wie andere behaupten. Letzte Woche hat Mark G. mich in einen solchen Film geschleppt:

Batman v Superman: Dawn of Justice

Alles beginnt mit einer Beerdigung: Bruce Wayne wurde Zeuge der Ermordung seiner Eltern und läuft fort, als diese zu Grabe getragen werden. Im Wald stürzt er in eine Höhle und wird von Fledermäusen auf wundersame Weise wieder ans Licht getragen – die Geburt eines Helden. Jahrzehnte später ist Batman (Ben Affleck) ein alternder Milliardär und Gaunerjäger im Fledermauskostüm, als er Zeuge wird, wie Superman (Henry Cavill) im Kampf gegen General Zod eine Großstadt in Schutt und Asche legt. Auch Waynes Firmensitz wird dabei zerstört, viele Menschen sterben, und Batman kann dem Mann aus Stahl nicht verzeihen, dass er seinen Krieg auf ihren unschuldigen Planeten gebracht hat. Einige Zeit später trifft der Reporter Clark Kent auf Bruce Wayne und erkennt, wen er wirklich vor sich hat. Er macht seinem Unmut darüber Luft, dass Batman das Recht in die eigene Hand nimmt. Unterdessen fragt sich auch die Welt, was sie von all den Übermenschen und selbsternannten Rächern halten soll. Senatorin Finch (Holly Hunter) will wissen, für wen oder was Superman einsteht, auf wessen Seite er eigentlich kämpft, und Lex Luthor (Jesse Eisenberg) nutzt seine guten Kontakte zur Politik, um sich Zugang zu Geheimnissen zu verschaffen. Er bietet Hilfe an im Kampf gegen vermeintlich böse Superkräfte, verfolgt dabei aber seine eigenen Pläne …

Es gibt Filme, bei denen weiß man schon in den ersten Minuten, ob sie funktionieren oder nicht. Dieser funktioniert nicht. Abgesehen davon, dass man zum gefühlten tausendsten Mal sieht, wie Bruce Waynes Eltern erschossen werden (und wieder erlebt Jeffrey Dean Morgans Figur nicht den Abspann), und sich alle Versionen erschreckend gleichen, lässt einen die gesamte Szene vollkommen kalt. Diese emotionslose Distanz zu den Ereignissen auf der Leinwand zieht sich durch den gesamten Film, weil Zack Snyder anscheinend nicht in der Lage ist, aufrichtige Gefühle bei seinen Zuschauern zu wecken. Immer wenn es gefühlvoll werden soll, setzt er Slow Motion ein und erzeugt damit nur Kitsch.

Es ist aber nicht allein die mangelnde emotionale Bindung an die Figuren, die einem samt und sonders gleichgültig bleiben, es ist auch das erschreckende Unvermögen, die notwendigen Informationen für das Verständnis der Geschichte zu liefern oder inhaltliche Zusammenhänge und logische Schlussfolgerungen herzustellen. Der Plot ist von Anfang bis Ende reine Behauptung, von der selbstgerechten und heuchlerischen Empörung der beiden Superhelden über die Taten des Konkurrenten bis hin zu dem nur allzu leicht durchschaubaren Manöver des Schurken Lex Luthor. Jesse Eisenberg spielt ihn, als wollte er sich damit für die Rolle des Jokers bewerben und ruiniert damit jeden einzelnen seiner Auftritte. Er wirkt wie ein hyperaktives Kind, das wütend darüber ist, dass man nicht ihm seine volle Aufmerksamkeit schenkt, sondern den beiden Knaben in ihren Halloweenkostümen.

Dass die Geschichte insgesamt einigermaßen funktioniert, liegt nur daran, dass man das alles schon so oft gesehen hat, dass man bereitwillig die canyonbreiten Lücken im Plot füllt. Man weiß schon sehr früh, wie der Hase läuft, weshalb es nur hin und wieder ein hingeworfenes Stichwort, eine weitere Behauptung braucht, damit man sich immer noch auf dem richtigen Weg zum Finale wähnt, das man ebenfalls schon zu kennen scheint. Die Bilder gleichen sich, es ist dieselbe Geschichte, immer und immer wieder erzählt, weshalb diese Superheldenfabel so austauschbar und ikonografisch zugleich wirkt. Snyder reproduziert die Bilder, die wir alle schon lange im Kopf haben, er variiert sie lediglich und motzt sie mit ein paar Spezialeffekten auf. Mit Kunst hat das nichts mehr zu tun.

Damit kommen wir zu der absurden, völlig an den Haaren herbeigezogenen Rivalität zwischen Batman und Superman, die doch eigentlich dasselbe wollen. Aber außer Diane Lane, die nur einen Blick auf ihre Capes werfen muss, versteht das natürlich keiner. So kommt es nach einem unerträglich langen Vorspiel endlich zum Schwanzvergleich zwischen den beiden Helden, den natürlich nur eine Frau beenden kann. Lois Lane (unfassbar blass: Amy Adams) schlichtet den Streit, der keiner ist, mit Wissen, das sie eigentlich nicht haben kann, und belegt damit nur, dass beide Supermänner im Grunde nur kleine Kinder sind. Auch das ist symptomatisch für die Geschichte, in der nichts so recht zusammenpasst.

Immerhin gibt es noch Gal Gadot, die als Wonder Woman beweist, dass die Frauen in dieser Welt nicht nur nervige Fragen stellen und sich retten lassen können. In einem knappen Kostüm, das sie – in Schelm, wer Böses dabei denkt – nur trägt, weil sie darin in der Schlacht mehr Bewegungsfreiheit hat, und mit der perfekten Frisur (sie hat vermutlich denselben Friseur wie Clark Kent, bei dem die Tolle auch stets vorteilhaft sitzt) kämpft sie tapfer gegen den kaum verhohlenen Sexismus in der Comicwelt.

Es stimmt so vieles nicht an diesem Film – von den strunzdummen, sinnentleerten Dialogen und der penetranten christlichen Symbolik fangen wir lieber erst gar nicht an – dass man darüber fast vergisst, dass manches durchaus gelungen ist. Das Production Design kann sich sehen lassen (oder auch nicht, schließlich spielt fast alles im Dunkeln), und auch die Musik von Hans Zimmer ist angenehm und bei weitem nicht so bombastisch wie es zu befürchten war. Aber das rettet dieses überlange und vor allem langweilige Werk auch nicht vor dem künstlerischen Bankrott.

Note: 4-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.