Der April, der macht ja bekanntlich, was er will. Im Jahr 2016 trifft dies durchaus auch auf das US Boxoffice zu: Man weiß einfach nicht so genau, was man erwarten soll. Viel Mittelware ist im Angebot, vieles, das noch recht unbekannt scheint, aber auch ein sicherer Hit. Ein sicherer Hit? Das klingt doch in diesem Jahr verdächtig nach Walt Disney. Schauen wir mal, ob dies der Fall sein wird.
Wochenende 14 vom 1. – 3. April 2016
- Neue Runde, neues Glück. Wer dachte, für 2016 sind wir mit den glaubensbasierten Filmen durch, der kann sich warm anziehen, denn das große Finale steht mit dem Sequel, auf das alle gewartet haben, in den Startlöchern. Am 1. April startet, auch wenn der Trailer einen Aprilscherz vermuten lässt, „God’s not Dead 2“, ein weiteres Werk, des auf das Genre spezialisierten Verleihs Pure Flix Entertainment. Während man sich in Teil 1 noch mit einer Auseinandersetzung zwischen Student und Professor begnügte, wagt man sich im Sequel sogar vor Gericht. Mit der ehemaligen Junghexe Sabrina und dem sexy Gärtner aus Desperate Housewives in den Hauptrollen, sollte da doch nichts schiefgehen, oder?
Ja, Teil 1 war vor 2 Jahren ein echter Sleeper-Hit, mit Betonung auf Hit. Schaut man aber auf Trailerviews und andere Onlineaktivitäten, dann scheint das Interesse am Sequel mehr als überschaubar.
Ich werde es vermutlich bereuen, dass ich nach dreimaligem Überprognostizieren der Genrekollegen nun zurückhaltender tippe, aber bei dem, was ich sehe, kann ich einfach nicht mehr als $10m/$30m in den Raum werfen, auch wenn die 8 Mio Facebook-Fans beeindruckend scheinen.
Wochenende 15 vom 8. – 10. April 2016
- Melissa McCarthy hat in den letzten 4 Jahren einen unglaublichen Run, hin zu einer der bestbezahltesten Schauspielerinnen Hollywoods erlebt. Leider, so muss man sagen, wurde sie immer nur sehr stereotyp besetzt, weshalb der Stern schon wieder leicht am Sinken zu sein scheint. Nach „Tammy“ im Jahr 2014, kommt mit „The Boss“ nun die zweite Zusammenarbeit mit Ehemann Ben Falcone auf die Leinwände, in der die Ehefrau die Hauptrolle und der Ehemann die Regie übernimmt. Was in jedem Fall für den Film sprechen sollte, ist der recht leere Markt und mangelnde Konkurrenz. Ein R-Rating war für Komödien in der jüngeren Vergangenheit oft ein gutes Pflaster, aber ich habe das Gefühl, dass man mit diesem Film und der Thematik besser auch auf ein jüngeres Publikum abgezielt hätte. In den nächsten Tagen werden viele Menschen noch einmal die Gelegenheit bekommen, den Trailer zu sehen, das könnte „The Boss“ vielleicht noch den nötigen Marketingpush geben, um am Ende bei soliden $24m/$75m zu landen.
- Einen der interessantesten und originellsten Filme der letzten Jahre, das suggeriert zumindest der Trailer, dürfte „Hardcore“ darstellen. Die russisch/amerikanische Co-Produktion kommt komplett im Stile eines First Person-Shooters daher, ich kann mich im kommerziellen bereich an keine vergleichbare Arbeit erinnern. Der erst 2014 gegründete Verleih STX Entertainment hat sich die Filmrechte nach dem Filmfestival in Toronto für schlanke $10 Mio gesichert und dabei im Bieterkrieg mit Lionsgate und Universal am längeren Hebel gesessen. STX Entertainment hat mit seinen bisherigen Produktionen ein recht gutes Näschen bewiesen und so sollte auch „Hardcore“ am Ende ein Erfolg werden.
Ein Blick auf die Trailerviews erstaunt. Alleine bei Youtube haben mehr als 20 Mio User zugeschaut, an anderer Stelle sind die Onlineaktiviäten aber nicht ganz so ausufernd. Das Thema wird sicher viele Gamer anlocken, weswegen man ein wenig vorsichtig sein sollte, da diese gerne für viele Klicks sorgen. Auch die etwas dünne Besetzung wird es dem Film nicht leicht machen, sich durchzusetzen. Bei den geringen Investitionskosten wären aber bereits $12m/$35m ein schöner Erfolg.
Wochenende 16 vom 15. – 17. April 2016
- Der Film, auf den in diesem April jeder wartet, heißt „The Jungle Book“, das dürfte keine Frage sein. Seit Zoomania Anfang März seinen Siegeszug an den Kinokassen startete, hat sich kein anderer Verleih erbarmt, dem Familienpublikum neue Nahrung zu liefern. 6 Wochen später also übergibt Disney die Fackel einfach intern und erwartet sicher Großes von seiner 4. Realverfilmung eines Animationsklassikers. 2014 und 2015 bediente man mit „Maleficent“ und „Cinderella“ eher ein weibliches Publikum, mit Mowgli & Co dürfte man nun wieder einen Film an der Hand haben, der möglicherweise alle 4 Quadranten bedient. Der Film hat alles, was es braucht: Epische Bilder, epische Musik, Nostalgie, einen mehr als fähigen Regisseur und das nötige Budget, das alles realitätsnah auf die Leinwand zu bringen. Die Animationen sind schon im vielgeklickten Trailer, welcher hervorragend ankommt, atemberaubend. Auch erste Reaktionen aus Testscreenings scheinen sehr positiv. Die Vorzeichen sind gut, mit „Zoomania“ gab es massig Promotionmöglichkeiten für Disney und bis „Angry Birds“ im Mai als Konkurrenz am Horizont auftaucht, ist Jungle Book bereits am Ende seines, so erwarte ich, tollen Runs. $85m/$300m
- Retro, das erwähnte ich nun in den letzten Blogs schon einige Male, ist ja die neue Sequelmania. Im Fall von „Barbershop: The Next Cut“ bekommen wir Retro und Sequel in einem. 12 Jahre ist es nun bereits her, dass Teil 2 der Reihe einen beachtlichen Erfolg feierte. Da sollte man sich fragen, weshalb eigentlich erst jetzt? Nun haben sich große Teile des Originalcasts also zusammengefunden, um die Schere erneut zu schwingen. Der Markt für Filme und Komödien, die speziell ein afroamerikanisches Publikum ansprechen sollen, ist in den letzten 2 Jahren ein wenig eingeschlafen. „Ride Along 2“ wurde zwar zu Beginn diesen Jahres zu einem soliden Hit, blieb aber insgesamt hinter den Erwartungen zurück. Nun bekommt Ice Cube in einem weiteren Sequel die Chance, es besser zu machen. Ein vernünftiger Vergleich wäre der 3. Teil der Big Momma-Reihe, der zum Vorgänger massiv einbrach, allerdings ist der Barbershop-Cast noch besser im Geschäft, als es Martin Lawrence war, deswegen könnte ich mir, trotz mäßig witzigen Trailers, durchaus $18m/$40m für den Film vorstellen.
- Und damit noch nicht genug, um die Genrevielfalt an diesem Wochenende noch weiter zu vertiefen, startet Lionsgate seinen starbesetzten Action-Thriller mit Dramaelementen, „Criminal“. Die Liste der Namen liest sich wirklich beachtlich: Kevin Costner, Tommy Lee Jones, Gary Oldman, Ryan Reynolds und Gal Gadot. Vor allem die letzten zwei Namen brachten sich kürzlich mit sehr erfolgreichen Rollen Gespräch, was dem Vermarktungpotential des Filmes sicher nicht schaden dürfte. Gerade erst blieb mit „Triple 9“ ein Genrekollege weit unter seinen Möglichkeiten und auch „Criminal“ wirkt teilweise eher wie ein solides Action B-Movie. Die Trailerklicks scheinen solide und ein Film wie dieser, sollte in einem recht leeren April eine Chance zu bekommen. Ich denke, er wird es besser machen, als „Triple 9“ und respektable $9m/$25m einnehmen.
Wochenende 17 vom 22. – 24. April 2016
- 4 Jahre ist es nun her, dass „Snow White and the Huntsman“ in den USA zu einem kleinen Überraschungshit wurde. Weltweit lief es angesichts des Budgets zwar eher mäßig, aber einen zweiten Teil, mit deutlich reduziertem Budget, wollte man dennoch nachliefern. Und da man sich anscheinend nicht so wirklich entscheiden konnte, wurde „The Huntsman: Winter’s War“ sowohl zum Prequel, als auch zum Sequel. Snow White bzw. Kristen Stewart hat man kurzerhand rausgeworfen und konnte durch das gesparte Geld Elsa und Robina Hood, Emily Blunt und Jessica Chastain, einstellen. Eine gute Entscheidung. Während die Karriere Stewarts nach dem Ende der Twilight-Reihe ein wenig eingeschlafen ist, hat man stattdessen 2 echte (weitere) Hochkaräter im Einsatz. Ein Blick auf den Trailer zeigt, dass es sich gelohnt hat. Frauenpower pur, da gerät sogar der titelgebende Huntsman deutlich ins Hintertreffen. Die Regie hat diesmal Cedric Nicolas-Troyan, im ersten Teil noch Effektspezialist und Second Unit Regisseur, übernommen. Wie schon beim Vorgänger, sehen die Trailer unglaublich gut aus, trotz deutlich geringeren Budgets. Ob der Film diesmal auch inhaltlich mithalten kann und nicht nur durch Schauwerte glänzt, das bleibt abzuwarten. Aber auch ohne dieses Wissen, traue ich dem Film als Alleinunterhalter und mit dem Elsa-Bonus an diesem Wochenende $40m/$105m zu.
Wochenende 17 vom 29. April – 1. Mai 2016
- „Keanu“ ist der Name einer Babykatze und gleichzeitig der Titel zum ersten Kinofilm des Comedy-Duos Key & Peele, die Gastgeber einer gleichnamigen Sketch-Show beim US-Sender Comedy Central sind. Bei Filmen dieser Art ist das Zuschauerpotential immer ein wenig schwer einzuschätzen, dazu kommt, dass der Trailer mich so gar nicht erreichen mag. Das alles wirkt wie ein langezogener Sketch, auf Filmlänge gestreckt. Aber ich bin ja vermutlich auch nicht das Zielpublikum, habe ich doch von den beiden Hauptdarstellern zuvor noch nie etwas gehört. Die Reaktionen auf den Trailer sind insgesamt ganz gut und er wird auch gerne geklickt. Wenn eine Komödie so weit im Voraus solche soliden Vorzeichen liefert, dann wird sie in der Regel nicht floppen. Obendrauf gibt es auch schon recht gute Vorabkritiken. Und mal ernsthaft? Wer kann schon einem Babykätzchen im Gangsteroutfit widerstehen? $18m/$50m
- In der Vergangenheit durften wir zusammen mit Garry Marshall schon den Valentinstag und Silvester feiern. Nicht nur mit ihm, in jedem der Episodenfilme wirkte eine Anzahl von Stars mit, für die 2 Hände zum Zählen nicht genügten.
In „Mütterherzen“ hat man sich eher auf eine kleinere Anzahl großer Namen konzentriert und stellt die in Marshall-Filmen obligatorische Julia Roberts und Jennifer Aniston in den Mittelpunkt. Der große Drop von „Valentinstag“ zu „Happy New Year“ scheint dem Studio nicht geschmeckt zu haben, weswegen der inoffizielle 3. Teil der Reihe nun bei Open Road etwas kleinere Brötchen backen muss. In der Kinolandschaft müssen sich Frauen ja heutzutage mit dem zufriedengeben, was man ihnen alle paar Monate mal anbietet, aber alles muss man sich eben auch nicht gefallen lassen. „Mütterherzen“ wirkt einfach furchtbar eingestaubt und ideenlos und ich denke, die Zuschauerinnen werden das bestrafen. Durch den Muttertag am 2. Wochenende wird zumindest die Laufzeit besser ausfallen, als bei anderen Filmen. $10m/$35m
- Last und wahrscheinlich auch least, wirft Focus Features durch seine Tochterfirma Gramercy Pictures noch die Videospielverfilmung „Ratchet & Clank“ auf den Markt. PlayStation-Fans ist der Name nun schon seit weit über 10 Jahren ein Begriff, für den Rest dürfte nach Trailersicht nur betretenes Schweigen bleiben. Optisch ist das weit von heutigen Standards entfernt, aber das hier ist eben nicht Laika, das Animationsstudio, mit dem Focus Features sonst kooperiert, sondern mit der kanadischen Firma Rainmaker Entertainment, die sich sonst u.a. für die Barbie-Filme im Fernsehbereich verantwortlich zeigen. Ohne „The Jungle Book“ würde ich dem Film sicher ein wenig mehr zutrauen, denn es hat sich in der Vergangenheit schon so mancher Familienfilm im leeren Markt überraschend gut geschlagen, aber bei dieser Konkurrenz werden sich, abgesehen von einigen Fans der Reihe, sicher nicht allzu viele Besucher in die Kinos verirren. $7m/$18m
Das waren sie nun also, die Anwärter auf die April-Krone. Es müsste schon einiges schiefgehen, würde nicht Disney am Ende die Nase vorn haben. Alles in Allem, so ganz ohne Hilfe der Osterferien, scheint es ein vernünftiger April zu werden. Aber wie in jedem Jahr ist es einfach nur der Aufgalopp zur großen und von vielen erwarteten Summer Season. Ich freue mich darauf.