Maschinenmenschen Teil 2

Alles, was der Mensch erfindet, wird irgendwann als Waffe missbraucht. Und je mächtiger und ausgeklügelter eine Erfindung ist, desto größer ist die Gefahr, dass wir uns damit letzten Endes selbst vernichten. Das gilt vielleicht in noch größerem Maße für Roboter und Androide, da sie uns so ähnlich sind. Wie weit sich diese Ähnlichkeit erstreckt, ob Maschinen so etwas wie Bewusstsein entwickeln können, einen eigenen Willen, der womöglich unserem eigenen diametral entgegengesetzt ist, sind nicht nur Fragen nach unserem eigenen Menschsein, nach dem, was uns ausmacht, sondern auch Fragen nach unserem Überleben. Und genau das macht dieses Gebiet so ungeheuer spannend und fruchtbar für die Fiktion.

Entweder sind die Maschinen genauso niederträchtig wie wir, auf Macht und Unterdrückung aus, dann fällt es ihnen nicht schwer, uns eines Tages zu unterwerfen, die Matrix-Trilogie oder die Terminator-Filme sind ein Beispiel dafür. Viel schlimmer allerdings ist, wenn sie uns moralisch überlegen sein und zu der Erkenntnis kommen sollten, dass die Welt und sie selbst ohne uns besser dran sind. Im Grunde wäre das der Gipfel der Ironie: Die Schöpfung ist perfekter als der Schöpfer selbst. Abgesehen davon, dass dies durchaus im Sinne der Evolution wäre, spiegelt sich in diesem Gedanken vor allem wohl unser schlechtes Gewissen wider.

Ich glaube, es war Hans Moravec, der bereits Anfang der Neunziger davor warnte, dass Maschinen eines Tages intelligenter als wir Menschen sein werden und mit uns kommunizieren wie wir heute mit einem Kleinkind oder Minderbemittelten. Die einzige Lösung wäre dann, selbst zur Maschine zu werden, angefangen mit künstlichen Organen und Gliedmaßen, bis hin zu einer Überspielung des Bewusstseins auf eine Festplatte. Das Leben im Internet wörtlich genommen …

Noch ist es glücklicherweise nicht so weit. Aber der Mensch wäre nicht der, der er ist, wenn er keine Fragen stellen würde. Nach dem, was wäre, wenn …

Ex Machina

Caleb (Domhnall Gleeson) ist ein begnadeter Programmierer, der von seinem Chef Nathan (Oscar Isaac) in dessen abgelegenes Haus eingeladen wird, um dort zu arbeiten. Er soll die von Nathan heimlich entwickelte, roboterähnliche Künstliche Intelligenz Ava (Alicia Vikander) dem Turing-Test unterziehen, um zu sehen, ob sie für einen Menschen gehalten werden kann. Schon bald entwickelt sich zwischen Caleb, Ava und Nathan ein Katz-und-Maus-Spiel …

Was macht einen Menschen zum Menschen? Können Maschinen denken, fühlen – und vielleicht sogar träumen? Diese Fragen treiben Science Fiction-Autoren seit vielen Jahrzehnten um, und besonders Philip K. Dick hat sich eingehend in seinem Werk damit beschäftigt. Dass Ava in diesem Fall ein Androide ist, ist vom ersten Moment an klar, die eigentliche Frage ist jedoch: Wie menschlich ist sie?

Alex Garland, der diesmal nicht nur das Buch geschrieben, sondern auch Regie geführt hat, nimmt sich für die Beantwortung der Frage viel Zeit. Der Film entwickelt einen angenehmen, aber auch sehr langsamen Rhythmus und steuert schließlich auf ein abgründiges Finale zu, von dem man gehofft hatte, es würde nicht eintreffen. Wirklich überraschend ist nichts in dieser Story, und das ist schade, denn aus dem Wechselspiel von Vertrauen und Misstrauen, Verführung und Verstörung hätte man noch viel mehr herausholen können. So kratzt das Buch gerade mal an der Oberfläche des Themas und schafft es nicht, die Figuren wirklich sympathisch zu zeichnen.

Am überzeugendsten ist das kühle, elegante Setting mit seinen schönen Bildern. Die Schauspieler agieren gut, besonders Alicia Vikander überzeugt mit einer Mischung aus kindlicher Unschuld und der Gleichgültigkeit einer Maschine, obwohl ihr dabei kaum mehr zur Verfügung steht als ihr Gesicht.

Note: 3

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.