Der Fantasy-Film hat, seit die CGI-Effekte immer billiger wurden, eine neue Blütezeit erfahren. Wo es früher aufwendig hergestellter animierter Modell, Puppen oder kostümierter Menschen bedurfte, lassen sich Monster und Fantasiewesen nun wunderbar im Computer generieren und in den Film einfügen. Alles ist möglich, sofern die menschliche Vorstellungskraft die Macher dabei nicht im Stich lässt.
Ich habe gestern aus Neugier in eine neue TV-Serie reingeschaut, die gerade auf SyFy läuft: Dominion beruht auf dem Film Legion, der vor sechs Jahren ins Kino kam und in dem Menschen gegen Engel kämpften, die aus irgendeinem Grund sauer waren. In der Serie ist das nicht viel anders, nur haben sich hier einige Engel auf die Seite der Menschen geschlagen, damit wenigstens ein ungefähres Gleichgewicht der Kräfte herrscht. Neu ist das alles nicht, tatsächlich erinnert manches davon an Supernatural, und schon dort waren die Vorstellungen von Himmel und Hölle, von Engeln und Dämonen von einer einfallslosen Schlichtheit geprägt. Nach weniger als zehn Minuten habe ich deshalb ausgeschaltet.
Zum Glück gibt es andere Serien, die ebenfalls auf einem Film basieren, aber wesentlich einfallsreicher sind. Vermutlich weil sich ihre Vorstellungskraft nicht darin erschöpft, sich möglichst fantastische Wesen auszudenken, sondern weil sie den Blick auf den Menschen richten und von den unendlichen Möglichkeiten des Schauspiels unseres Lebens berichten. Eine davon ist Fargo, und ich muss sagen, dass ich zunächst skeptisch war, als es hieß, dass der Stoff erneut verfilmt werden sollte. Der Film der Coen-Brüder von 1996 gehört zu ihren besten Arbeiten, und es schien schwer vorstellbar, dass die schauspielerischen Leistungen von Frances McDormand und William H. Macy getoppt werden könnten. Aber ich habe mich eines Besseren belehren lassen und wurde überrascht: Die Serie ist wirklich außerordentlich gut gelungen.
Die erste Staffel erzählt weitgehend dieselbe Story wie der Film, schmückt sie freilich noch aus und ist auch nicht in allen Details identisch, sondern findet ihren eigenen Weg und ihr eigenes Ende. Aber sie atmet den Geist der Vorlage und orientiert sich am Humor der Coens. Gerade Letzteres macht die Serie zu einem einzigartigen Vergnügen. Und Allison Tölman und Martin Freeman setzen in den Hauptrollen ihre ganz eigenen Akzente und lassen die Vorbilder schnell vergessen.
Die zweite Staffel handelt von einem anderen Fall, der nicht weniger absurd und verwickelt ist. Erneut geht es um mafiöse Verstrickungen in der Provinz, um harmlose Bürger, die durch Zufall darin verwickelt werden und aus Dummheit und Selbstüberschätzung einen Fehler nach dem anderen begehen, dabei aber eine ungeahnte kriminelle Energie an den Tag legen. Wieder lebt die Geschichte von ihrem einzigartigen Humor und der Provinzialität des Schauplatzes. Die einfachen Leute im Grenzgebiet von Minnesota und den beiden Dakotas stehen dabei für das ländliche Amerika, das fassungslos den Einbruch von Gewalt in sein beschauliches Leben beobachtet.
Kirsten Dunst ist hier der heimliche Star, eine unbedarfte Hausfrau, die sich selbst finden will und dabei unfreiwillig Dinge über sich erfährt, die sie lieber nicht gewusst hätte. Noch faszinierender sind aber die wirklichen Bösewichter. Hier hat schon in der ersten Staffel Billy Bob Thornton neue Maßstäbe gesetzt, und glücklicherweise gelang es den Autoren, in der zweiten Staffel, in diesem Geiste weiterzumachen. Das Panoptikum von Gangstern ist absolut sehenswert.
Im Gegensatz zur ersten, inhaltlich unabhängigen Staffel, die nur sehr lose mit ihrem Nachfolger verbunden ist und über dreißig Jahre früher spielt, ist die zweite nicht bis zum Ende hin gelungen. Die vorletzte Folge ist im Grunde das furiose Finale, was danach kommt, hätte man sich auch schenken können.
Leider wird es 2016 keine neue Staffel Fargo geben – die Macher brauchen wohl eine kreative Pause …