Heute geht es wieder einmal um eine Serie. Ich habe in letzter Zeit vermutlich wesentlich mehr Serien als Kinofilme gesehen und bin immer wieder überrascht, auf welche Perlen man bisweilen stoßen kann. Und nicht nur bei Mini-Serien, sondern auch bei Langläufern. Im Augenblick sehe ich die sechste Staffel von Good Wife und bin verblüfft, dass es den Machern nach all der Zeit immer noch gelingt, eine so hohe Qualität abzuliefern. Hinzu kommt, dass man die Figuren mag und sie einem vertraut sind wie alte Bekannte. Schade, dass es nach der siebten Staffel vermutlich nicht mehr weitergeht.
Ein anderes Serien-Highlight, das nach wie vor ein bisschen ein Geheimtipp ist und bereits seit drei Jahren läuft, will ich heute vorstellen:
Banshee
Ein Mann (Antony Starr) kommt in eine kleine Neu-England-Stadt namens Banshee und gerät in einen Überfall in einer Bar. Am Ende sind drei Männer tot, darunter der neue Sheriff Lucas Hood, der gerade seinen Dienst antreten wollte. Der Fremde nimmt seine Identität an, denn er ist auf der Suche nach seiner ehemaligen Geliebten Carrie (Ivana Milicevic). Die beiden haben einst für Carries Vater Mr. Rabbit (Ben Cross) gearbeitet, dem Kopf einer osteuropäischen Mafia-Gang, bis sie ihn bei einem Raubüberfall betrogen haben. Lucas kam für fünfzehn Jahre ins Gefängnis, seine Freundin floh mit der Beute und heiratete den Staatsanwalt von Banshee. Nun will Lucas seinen Anteil – und erfährt nebenbei, dass er der Vater von Carries Tochter ist. Deshalb beschließt er zu bleiben und verändert das prekäre Gleichgewicht in Banshee für immer …
Die Geschichte klingt vielleicht ein wenig komplizierter als sie ist, aber sie entwickelt von der ersten Minute an einen starken Sog, dem man sich nicht entziehen kann. Ein Mafia-Heist-Movie als TV-Serie mit einem illustren Kleeblatt: Antony Starr spielt dabei den Mann fürs Grobe, der eine dunkle Vergangenheit besitzt, über die man erst am Ende der dritten Staffel ein wenig mehr erfährt – seinen wahren Namen kennt allerdings niemand. Ivana Milicevic ist die geheimnisvolle Femme fatale, die zwischen Hood und dem Staatsanwalt steht und den Schatten ihres brutalen Vaters fürchtet. Das Minenfeld der Beziehungen zwischen Eltern und Kindern ist in der Serie von großer Bedeutung. Denn Mr. Rabbit ist kein liebevoller, verzeihender Vater, sondern ein grausamer Tyrann, der seine Tochter und seinen Ziehsohn vernichten will und dabei vor nichts zurückschreckt. Dieser Konflikt zieht sich bis weit in die zweite Staffel und ist von nahezu epischer Größe.
Neben Mr. Rabbit gibt es noch einen weiteren Bösewicht: Kai Procter (Ulrich Thomsen), ein Drogenhändler, der bei den Amish großgeworden ist – ein weiteres verstoßenes Kind, das seinen Eltern zürnt. Ihm zur Seite steht mit Clay Burton (Matthew Rauch) ein faszinierender Charakter, der wie Hood für das Grobe zuständig ist und mit der Zeit zur Höchstform aufläuft. Und Procters Nichte Rebecca (Lili Simmons) ist ein überaus durchtriebenes Lolita-Luder, das nicht nur ihrem Onkel, sondern auch Hood die Hölle heißt macht.
In Banshee werden zwei Dinge groß geschrieben: Sex und Gewalt. In den ersten beiden Staffeln gibt es kaum eine Folge, in der Hood nicht in eine Prügelei gerät oder eine heiße Liebesnacht erlebt. Die Action ist dabei sehr sehenswert, allerdings auch so brutal, dass man kaum hinsehen kann. Der Höhepunkt wird dann in der dritten Staffel erreicht, in der … Nein, das sollte hier besser nicht verraten werden, aber ich habe immer noch Alpträume von einer Szene.
Es ließe sich noch viel mehr über die Serie sagen, über das schräge Personal, den Humor oder die spannende Geschichte. Wer Action liebt, muss Banshee sehen, wer gute Serien zu schätzen weiß, auch, denn sie gehört momentan zum Besten, was produziert wird. Nach der vierten Staffel, die Ende Januar in den USA beginnt und mit acht Folgen auch kürzer sein wird als sonst, endet sie aber. Wir werden sie vermissen.