Alles Lua Lua

Manchmal hat die durch den Jetlag bedingte Schlaflosigkeit auch ihre guten Seiten: Wir mussten heute nämlich bereits um halb sechs Uhr aufstehen und waren praktischerweise schon wach. Angesichts der unverändert hohen Temperaturen wollten wir in aller Frühe zu einem gewerblichen Flohmarkt fahren, um Magnet-Halsketten zu kaufen, die gut gegen Nackenverspannungen sind (klingt esoterisch, hilft aber tatsächlich). Leider haben wir keine bekommen, aber dafür gibt es ja noch den viel größeren Flohmarkt namens Internet…

Umsonst war der Ausflug aber nicht, denn man sieht immer jede Menge interessante Dinge auf diesem Markt, wo man von Backmischungen und Küchenartikeln über Obst und Gemüse, Kitsch und Krempel bis hin zu ganzen Häusern auf Rädern alles bekommt, was man brauchen könnte oder seinem schlimmsten Feind nicht zum Geburtstag schenken möchte. Drei Stunden und eine Zimtschnecke später waren wir dann reif für einen ausgedehnten Brunch.

SAM_4603Im Urlaub muss man ja mal was wagen, und wenn es nur ein kulinarisches Wagnis ist. Deshalb gingen wir heute in ein hawaiianisches Restaurant. Die Einrichtung erinnerte an ein ordinäres amerikanisches Diner mit Tischen und Nischen, nur die Deko hatte einen leichten Südseetouch, und in einer Ecke hockten drei Musiker, die uns mit einer faszinierenden Mischung aus Fünfziger Jahre-Schnulzen und hawaiianischer Folklore unterhielten.

Die Speisekarte überforderte mich. Zu viele Vokale auf nüchternem Magen und putzige Worte im Doppelpack. Alles war Lua Lua und Mahi Mahi, und ich hatte keine Ahnung, was ich bestellen sollte. Zum Glück hatten wir eine sehr geduldige Kellnerin. Einer unserer Freunde, der häufiger auf Hawaii ist, meinte, das Frühstück sei für die Einheimischen die drittwichtigste Mahlzeit des Tages. Soll heißen, die Leute dort essen gern. Und viel.

Mark war hungrig, und da kam ihm ein Gericht namens“The hungry Hawaiian“ gerade recht. Es bestand aus einer Mischung verschiedener Speisen: eine Lachs-Salsa, Schweinefleisch auf Kohl und noch mehr Schwein in Taro-Blättern. Taro ist typisch hawaiianisch, sieht aus wie ein riesiges Weinblatt (und schmeckt nach fast nichts). Ich entschied mich für eine Variation aus zwei Gemüse- und einem Fleischgericht, um etwas Gesundes zu essen. Tja, da hatte ich die Rechnung ohne die Hawaiianer gemacht, denn alles wurde mit Fleisch serviert. Die Hühnersuppe mit Glasnudeln war recht schmackhaft, dann gab es noch süß-saures Hühnchen und Kohl mit gehacktem Schweinefleisch, dazu Reis (der zu wirklich jedem Gericht serviert wurde, vermutlich auch noch zum Dessert) und marinierten Rettich in einem grell leuchtenden Gelb, alles ausgesprochen lecker. Trotzdem wird das nicht meine Lieblingsküche, einfach zu viel Lua Lua…

Am Nachmittag entschieden wir uns für eine typisch amerikanische Beschäftigung am Sonntag: Shoppen. Nur eine halbe Autostunde entfernt befindet sich die Citadel Outlet Mall mit Dutzenden von Geschäften (meist Designerkleidung und Filialen der bekannten Ketten), wo man schon mal einen Nachmittag vertrödeln kann. Auf dem Rückweg waren wir völlig geschafft, schließlich sind wir heute fünfeinhalb Stunden lang gelaufen, und so wurde aus dem hungry Hawaiian ein sleepy German…

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Mark G. & Pi Jay in La-La-Land 2013 von Pi Jay. Setze ein Lesezeichen zum Permalink.

Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.