Lange Zeit waren Januar, Februar, April, September und Oktober die Stiefkinder der Filmverleiher. Wenn man keine Filme liefert, dann gibt es auch keine Ergebnisse. Daraus entsteht das Argument, die Monate wären schlechte Pflaster für das Box Office und schon haben wir eine waschechte, selbsterfüllende Prophezeiung. Glücklicherweise haben sich Februar, April und Oktober in den letzten Jahren prächtig entwickelt, der Februar nicht zuletzt dank eines sehr attraktiven Feiertagswochenendes. Auch die Nähe zum Dezember, mit all seinen Blockbustern und massiver Betrailerung, tragen ihren Teil dazu bei, dass der Februar eben auch Großes zu leisten weiß.
Auch in diesem Jahr?
Wochenende 6 vom 5. – 7. Februar 2016
- Nachdem man es zuletzt mit „Inside Llewyn Davis“ etwas ruhiger anging, folgt nun mit „Hail, Caesar!“ eine neue Komödie der Coen-Brüder, die mit einem All-Star-Cast aus Wiederholungstätern besticht. Stilistisch erinnert das teilweise fast schon an Wes Anderson, weniger wie die letzte Komödie der Geschwister, „Burn after Reading“. An dessen Potential reicht das bisher gesehenen Material zu „Hail, Caesar“ jedoch nicht ganz heran. Auch der Starttermin (Superbowl-Wochenende!) zeugt nicht von gewohnten Ambitionen, sei es im Hinblick auf Erfolg oder aber im Hinblick auf mögliche Awards. Mit einem starken Verleih im Nacken (Universal hatte ein enorm erfolgreiches Jahr 2015) und einer erfreulichen Onlineaktivität (Stichwort Trailerklicks!) sollten aber $14m/$45m bei relativ geringer Kinozahl ein realistisches Ziel sein.
- Nach „Abraham Lincoln: Vampire Hunter“, bringt Produzent, Schriftsteller und Drehbuchautor Seth Grahame-Smith nun seine zweite, blutige Neuinterpretation eines historischen Stoffes auf die Kinoleinwand. Schon beim Erstling war man zuvor von einem Film mit Kultpotential ausgegangen, jedoch wurden die Erwartungen letztendlich in keinerlei Hinsicht erfüllt. Trotz 3D und eines Sommerstarts. Vielleicht gibt der Februar „Stolz und Vorurteil & Zombies“ ein wenig mehr Luft zum Atmen, als es ein überlaufener Sommertermin könnte. Das Zombiethema sollte in Zeiten von „The Walking Dead“ auch nicht von Nachteil sein. Die etwas müden Onlineaktivitäten sind für einen Film dieser Machart jedoch nicht allzu positiv zu bewerten und so ist nicht davon auszugehen, dass ein Ergebnis, wie das von „Hänsel und Gretel: Hexenjäger“ erreichbar sein wird, aber vielleicht sind ja blutige $13m/$30m möglich.
- Kein Jahr ohne Nicholas Sparks Verfilmung. So das ungeschriebene Gesetz der Romantikliebhaber in den Filmverleihen. Und so ist es auch nicht überraschend, dass 2016 mit „The Choice – Bis zum letzten Tag“ ein weiterer Beitrag in der Pipeline liegt. Da die Reihe ihren Verleih mittlerweile wechselt, wie andere ihre Unterwäsche, ist nun erstmals Lionsgate an der Reihe und versucht sein Glück. Der Film wartet mit wenig Starpower und einem lustlosen Trailer auf. Der letzte Erfolg der Reihe stammt aus dem Jahr 2013, als „Save Haven“ am Valentinswochenende punkten konnte, die zwei Vorgänger aus den Jahren 2014 und 2015 dagegen stellten die absoluten Tiefpunkte der Reihe dar. Trotz Valentinstag im Rücken, sollte dieser Trend hier fortgesetzt werden, sodass mehr als $7m/$22m wohl nicht möglich sind.
- „Regression“ mit Harry Potter Star Emma Watson wird, wie auch im Rest der Welt, keine Rolle spielen.
Wochenende 7 vom 12. – 15. Februar 2016 (President’s Day)
- Die Marvel-Verfilmungen „Daredevil“ und „Ghostrider“ waren die zwei ersten prominenteren Beiträge, die den President’s Day-Termin zu nutzen wussten und so ist es wenig überraschend, dass Fox es mit dem ungewöhnlichen Marvel-Helden „Deadpool“, gespielt von Ryan Reynolds, noch einmal hier versucht. Auch der letztjährige Erfolg des recht ähnlich angelegten „Kingsman“, dürfte den Verleih in seinem Vorhaben bestärkt haben. Erste Trackingwerte weisen den Film als erste Wahl für Frauen am Valentinswochenende aus, ein gutes Zeichen. Die gigantischen Onlinerauchfahnen sind für eine „Fanboy“-Produktion sicherlich erst einmal mit Vorsicht zu genießen, aber massig Trailerviews, überschwängliche Screeningreaktionen und eine nette Posterkampagne zum Valentinstag sollten trotz (oder gerade wegen) des R-Ratings zu starken $80m/$180m führen.
- Die Wildcard des Monats könnte „Zoolander 2“, von und mit Ben Stiller, darstellen. Das Original war vor 15 Jahren weder besonders erfolgreich, noch langlebig, noch ein Kritikerliebling. Auch der Imdb-Wert von 6,6 spricht nicht zwingend für das Sequel. Dennoch hat man in den letzten Jahren einen gewissen Kultstatus erreichen können. Die Besetzung bleibt die gleiche und bekommt noch einmal prominente (und prominent im Trailer platzierte) Unterstützung. A propos Trailer. Dieser scheint beim Publikum hervorragend anzukommen und schlägt gar den Paramountkollegen Star Trek in Sachen Klicks. Unterschätze niemals das President’s Day Wochenende und seine Power, das haben die letzten Jahre gelehrt. Ebenfalls haben uns diese gelehrt, dass Retro stark im Trend liegt, deswegen könnte ich mir hier leicht überraschende $32m/$75m vorstellen.
- Dakota Johnson am Valentinswochenende? Da war doch etwas? Ja richtig. Nach „50 Shades of Grey“ im vergangenen Jahr, spielt sie nun in Christian Ditters „How to Be Single“ ihrer erste eigenständige Hauptrolle nach dem großen Hype. So zumindest die Theorie. Der eigentliche Star des Trailers ist nämlich Dauersidekick Rebel Wilson, der es neben einer blassen Dakota Johnson nicht schwerfällt, die volle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Bekanntermaßen sind echte Frauenfilme in Hollywood heutzutage so selten wie Hochintelligenz im Dschungelcamp, weswegen hier speziell am Valentinswochenende noch mit einem Extra-Bonus zu rechnen sein dürfte. Bedenkt man aber die Trackingwerten von „Deadpool“, sollte man bezweifeln, dass „How to be Single“ das Datingpublikum komplett vereinnahmen wird, wie es einst Filme wie „Valentinstag“ zu diesem Termin vermochten. Die Konkurrenz an diesem Wochenende ist groß, sodass der Film ein wenig unterzugehen droht, aber das Alleinstellungsmerkmal des waschechten Frauenfilms, sollte trotz allem zu sehr soliden $20m/$40m führen.
Wochenende 8 vom 19. – 21. Februar 2016
- Bei christlich geprägten Filmen weiss man nie so genau, was man erwarten kann. Vor 2 Jahren überraschte „Son of God“ zu einem fast identischen Termin mit $25m zum Start und auch der Verleih Sony/Tristar hatte mit Erfolgsfilmen wie „Heaven is for real“ und „War Room“ zuletzt große Erfolge. Nun liefert man mit „Auferstanden“ (vielleicht lockt man mit dem Originaltitel „Risen“ ja noch ein paar unbedachte Videospiel-Fans in die Kinos) quasi das Sequel zu bereits bekannten Jesus-Filmen. Kreuzigung und dann? Dieser Geschichte also wird nun unter anderem von Joseph Fiennes auf den Grund gegangen. Wie bereits erwähnt, bei Filmen dieser Art ist es ein wenig heikel, eine Prognose zu erstellen. Schafft er es in die christliche Presse, dann wird es ein Selbstläufer werden. Erste Berichte und Besprechungen sind schon jetzt zu finden und so könnte, trotz des etwas nichtssagenden Titels, der erste glaubensbasierte Film des Jahres (viele werden noch folgen) gleich zu einem echten Kassenschlager werden. $25m/$65m
- Der Februar ist noch nicht vorbei und schon steht mit „The Witch“ Horrorfilm #3,5 im Jahre 2016 ins Haus. Die ersten Genrebeiträge starteten mal wieder leicht über den Erwartungen und auch The Witch hat gute Voraussetzungen, ein Erfolg zu werden. Es wird vor allem aber auch davon abhängen, wie der kleine Verleih A24 diesen bereits preisgekrönten Film platzieren wird. Dass Krtikererfolge nicht immer zu Hits werden, hat zuletzt „The Babadook“ an den Kinokassen bewiesen. Dieser scheiterte allerdings bereits an seinem Trailer. „The Witch“ dagegen weiß, wie es seinen Zuschauern ohne viel zu zeigen, das Blut in den Adern gefrieren lassen kann. Mit Hexen hat man in der Vergangenheit gute Erfolge erzielt (Stichwort „Blair Witch Project“) und bereits 6 Mio. User haben den Trailer bei Youtube gesehen. Im Jahre 2011 hat „Insidious“ den noch jungen Verleih FilmDistrict direkt auf Kurs gebracht, vielleicht schafft „The Witch“ ähnliches nun für A24 und hext sich zu $10m/$30m.
- Ob Baseball, Basketball oder Football, Sportfilme -und Biografien sind schon lange ein fester und oft auch erfolgreicher Bestandteil der US-Kinolandschaft. Nun wagt sich Focus Features mit „Race“ erstmals an eines der großen Sprintidole der USA: Jesse Owens. In der aktuellen Debatte um Gleichberechtigung in Hollywood und der Academy, fragt man sich natürlich, weshalb ein solcher, vermeintlich prestigeträchtiger Film, nicht ins Oscarrennen geschickt wurde. Ein Blick auf den generischen und emotionskalten Trailer, sowie auf die Vita das Regisseurs, sollte Antwort genug sein. Dass afro-amerikanische Sporthelden die Leinwände erobern können, zeigte zuletzt die hervorragende Feelgood-Biografie „42“. Da die Leichtathletik in Sachen Popularität mit den großen Ballsportarten kaum mithalten kann, wird „Race“, mit all den negativen Vorzeichen, wohl nicht über $8m/$25m hinauskommen.
Wochenende 9 vom 26. – 28. Februar 2016
- Der typische Thriller ist neben dem typischen Frauenfilm in den letzten Jahren ein wenig zum Stiefkind der Filmwirtschaft verkommen. Bekam man früher in diesem Genre noch massig Mittelware geliefert, ist solche heute nur noch selten zu finden, deswegen ist es nicht verwunderlich, dass man bis Ende Februar auf „Triple 9“ warten musste. Der Trailer verspricht einen knallharten Bad-Cop-Thriller mit starker Besetzung (Kate Winslet, Chiwetel Ejiofor, Casey Affleck uvm.) und einem wahrlich verdienten R-Rating. Mit „The Grey“ und „End of Watch“ hat Open Road Films in den vergangenen Jahren respektable Ergebnisse einfahren können. Zwar hat man hier keinen Star Liam Neeson zu bieten, aber die mangelnde Konkurrenz und ein starker Trailer könnten am Ende vielleicht $16m/$50m in die Kinokassen spülen.
- Nach siebenjähriger Schaffenspause, wagt sich Regisseur Alex Proyas (The Crow, I Robot, Knowing) mit „Gods of Egypt“ zurück nach Hollywood. Und das mit einem großen Knall. Von einem $130m Budget ist die Rede. Man ahnt im Trailer, wo es versteckt sein könnte. Man sieht es aber nicht zwingend auf den ersten Blick. Die Effekte sehen leider größtenteils furchtbar künstlich aus. Auch wenn Lionsgate nach der Kritik schnell einen zweiten Trailer nachgeschoben hat, dürfte der Schaden bereits angerichtet sein. Dass die Verpflichtung eines Game of Thrones-Stars (hier Fan-Liebling Nikolaj Coster-Waldau) nicht zwingend zum Erfolg führt, zeigte zuletzt der Kino-Flop „Pompeii“. Und auch Lionsgate selbst hat mit seinem Conan-Remake in der Vergangenheit bereits schlechte Erfahrungen im Fantasy-Genre gemacht. Ergebnisse im Bereich von ähnlich gelagerten Filmen wie „Immortals“ oder den Sequels zu „300“ und „Kampf der Titanen“ halte ich, nicht zuletzt auch wegen des eingeschlafenen 3D-Boomes, für utopisch. Ein realistischeres Ziel sollte die letztjährige Enttäuschung „Jupiter Ascending“ darstellen. $16m/$40m
- Nur eine Woche nach „Race“, hat Fox mit „Eddie the Eagle“ die nächste Sportlerbiografie am Start. Ähnlich wie die Leichtathletik, ist auch das Skispringen in den USA eher eine Randsportart und auch die Tatsache, dass der Protagonist ein britischer Held ist, dürfte die Sache nicht leichter machen. Bei der Besetzung hat man sicher nicht gespart, denn mit Hugh Jackman und dem aufstrebenden Talent Taron Egerton (im letzten Jahr großartig in „Kingsman“) hat man einen mehr als solide Besetzung zu bieten. Das bestätigt auch der Trailer, der seitens Egerton eine starke Leistung erwarten lässt. Im Gegensatz zu „Race“ weiß der Trailer den Feelgood-Aspekt der Geschichte seines niemals aufgebenden Helden hervorragend zu verkaufen und so ist es keine Überraschung, dass die Reaktionen darauf durchgehend positiv ausfallen. Man wird sehen, wohin die Reise gehen wird, in Europa vermutlich weiter, als in den USA, aber $12m/$40m wären doch für einen europäischen Helden in den Staaten ein mehr als respektables Ergebnis.
Wie man schnell sieht, wird es ein recht vielfältiger Februar werden. Nur Kinder und Familien bleiben mal wieder auf der Strecke, sodass „Kung Fu Panda 3“, der noch im Januar startete, vollkommen freie Bahn haben wird, sein Potential auszuschöpfen. Immerhin ein Film wird meiner Erwartung nach die Blockbustergrenze durchbrechen, im Vorjahr gab es davon noch 3, dafür wird es statt 10 Filmen im Jahr 2015, nun 12 Filme geben, die die $10m-Grenze überspringen werden. Wahrlich kein Rekordjahr, aber das alles birgt auch sehr viel Spielraum für Überraschungen. Um mit den Vorjahren auch nur halbwegs mithalten zu können, werden diese Überraschungen vonnöten sein. Aber genau diese sind es doch, die das US-Box Office so spannend machen und da wir IK-ler alle Optimisten sind, wird das schon werden.