Die Münchener Filmwoche ist immer ein gutes Branchen-Barometer, an dem man ablesen kann, wie die augenblickliche Stimmung ist. 2015 wurde vor zwölf Monaten vielfach als das Jahr der Erlösung von allem Übel angesehen und Star Wars: Das Erwachen der Macht als eine Art Wiederkunft Christi. Tatsächlich wurde es dann auch ein außergewöhnliches Jahr, zumindest wenn man nur die Einspielergebnisse berücksichtigt. Die Sternenkrieger und Fack Ju Göhte 2 stehen an der Spitze der Jahrescharts, wie überhaupt der deutsche Film ein besonders großes Stück vom Kuchen abbekommen hat.
Bei der Qualität sieht es hingegen wie immer ein klein wenig anders aus. 2015 war qualitativ vielleicht nicht überragend und nicht so gut wie das Jahr zuvor, allzu schlecht war es allerdings auch nicht. Zwar habe ich auch diesmal nicht alle Filme sehen können, die mich interessiert haben, aber von den Produktionen, die mir noch fehlen (Die Gärtnerin von Versailles, Crimson Peak und Learning to Drive) habe ich leider auch nichts allzu viel Gutes gehört. Ich werde sie dennoch irgendwann einmal nachholen und mir meine eigene Meinung bilden.
Immer wieder bekomme ich zu hören, dass meine Noten zu streng seien, was vor allem daran liegt, dass viele der Meinung sind, eine 3 wäre eine schlechte Note. Befriedigend heißt für mich jedoch, dass ich mit dem Film zufrieden war und er mich nicht gelangweilt hat. Natürlich fließen auch äußere Umstände in die Bewertung ein – an manchen Tagen ist man einfach kritischer als an anderen. Außerdem bin ich gar nicht so streng, sonst bestünde meine Top Ten wohl kaum aus lauter Einser- und Zweier-Filmen, wobei ich allerdings zugeben muss, dass ich im Vorjahr sechzehn Filme mit dieser Bewertung versehen habe, heuer nur zehn. Und auch ein Mangelhaft habe ich nur einmal vergeben, was selbstverständlich daran liegt, dass ich mir die Gurken erst gar nicht anschaue.
Ein Negativtrend hat sich jedoch bestätigt: Ich habe nur 42 aktuelle Filme gesehen, die große Mehrzahl davon aber immerhin im Kino. Nicht immer liegt das an schwachen oder uninteressanten Produktionen, sondern vermehrt auch an dem stetig wachsenden Angebot spannender Serien.
Andererseits ist nicht zu leugnen, dass das Kino vielleicht nicht in einer Schaffenskrise, doch zumindest in einer Phase der Veränderung steckt. Auf der einen Seite gibt es immer mehr Blockbuster und Popkornkino, Sequels ohne Ende und ständig neue Franchises. So bläst nach Marvel nun auch DC zum Großangriff und bringt seine Justice League ins Kino, um nur ein Beispiel zu nennen. Auf der anderen Seite gibt es natürlich noch den Wettbewerbsfilm, intellektuell und kritisch, manchmal sperrig und schwer zugänglich. Was jedoch zunehmend fehlt, sind die Stoffe, die zwischen Unterhaltung und Anspruch balancieren, solide Dramen, gerne auch Historienfilme, oder Komödien mit Hintersinn und Herz. Man kann daher froh sein, dass Thriller und Western inzwischen beinahe wieder eine Renaissance erleben.
Manchmal habe ich jedoch das Gefühl, Filme werden fast nur noch für Teenager gemacht, die an ADHS leiden und Furzkissen für die größte Erfindung der Menschheit halten. Ganz besonders die Komödie ist in den letzten Jahren auf den Hund gekommen. Kindische Albernheiten, derbe Späße und jede Menge Fäkalhumor scheinen die einzigen Mittel zu sein, die noch eingesetzt werden, um die Menschen zum Lachen zu bringen. Ich kann ja verstehen, dass es dafür einen Markt gibt, und solange diese Filme erfolgreich sind, haben sie auch eine Existenzberechtigung – was mich stört, ist die Ausschließlichkeit. Selbst romantische Komödien, sofern es sie überhaupt noch gibt, kommen nicht mehr ohne Pippi-Kacka-Witze aus. Vulgarität ist Mainstream geworden, und ich denke, dass man hier durchaus einen Einfluss auf die zunehmende Enthemmung in den sozialen Medien feststellen kann, die vielfach beklagt wird. Wie man in den Wald hineinruft …