The Gift

Einmal werden wir noch wach … Als Kind kann man es kaum abwarten, dass endlich der Heiligabend anbricht und man seine Geschenke auspacken darf, als Erwachsener möchte man am liebsten die Zeit anhalten, um einmal in Ruhe durchzuatmen und so etwas wie weihnachtliche Vorfreude zu entwickeln. Warum gibt es Besinnlichkeit nicht als Instant-Pulver zum Anrühren?

Dass Geschenke nicht ausschließlich ein Quell der Freude sein müssen, wissen wir spätestens seit dem Trojanischen Krieg – „hüte dich vor Griechen mit Geschenken“. Manche Menschen schenken einem eben nichts ohne Hintergedanken …

In diesem Sinne verabschiede ich mich in die Weihnachtspause und wünsche allen Lesern ein frohes Fest.

The Gift

Simon (Jason Bateman) macht Karriere und kehrt dafür zusammen mit seiner Frau Robyn (Rebecca Hall) in die Nähe seines kalifornischen Heimatortes zurück. Zufällig treffen sie auf Gordo (Joel Edgerton), einen alten Schulfreund von Simon, der sie mit einem teuren Geschenk zum Einzug überrascht. Obwohl sie ihn reichlich merkwürdig finden, laden sie ihn zum Essen ein, was immer weitere, zunehmend unangenehmere Kontakte zur Folge hat. Gordo lässt einfach nicht locker, und Robyn fühlt sich von ihm bedrängt. Tatsächlich führt Gordo etwas im Schilde, aber sein Spiel ist viel abgründiger als es scheint …

The Gift beginnt wie ein typischer Thriller aus den frühen Neunzigern, in dem sich ein Untermieter, Mitbewohner oder zufälliger Bekannter als durchgeknallter Stalker entpuppt, der zuerst nett und sympathisch erscheint, aber zunehmend psychopathische Züge zeigt und am Ende in einem mörderischen Kampf auf Leben und Tod besiegt werden muss. Gordo ist von Anfang an latent unheimlich, passiv-aggressiv und aufdringlich. Die Höflichkeit gebietet es, nett zu ihm zu sein, und seine Großzügigkeit macht es einem schwer, ihn zurückzuweisen.

Nach dem ersten Drittel glaubt man, den Film bereits zu kennen. Der Look ist von heute, die Handlung von gestern, doch ungefähr ab der Hälfte bekommt die Geschichte einen Twist. Plötzlich kehren sich die Rollen um, und was man zuvor über die Figuren zu wissen glaubte, erweist sich als die halbe Wahrheit. Ohne hier die Auflösung preiszugeben: In The Gift steckt viel mehr als man meinen möchte.

Und dennoch könnte alles ein wenig spannender sein, abgründiger und raffinierter. Ein guter Twist macht eben noch keinen guten Film. Dabei ist es elegant fotografiert, solide inszeniert und auch gut gespielt. Es mangelt nur ein wenig an Leidenschaft und Drama.

Note: 3

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.