Die Überschrift ist von ungewollter Doppeldeutigkeit, denn es geht ausnahmsweise einmal nicht um den alltäglichen Horror, dem man im deutschen Fernsehen ausgesetzt ist – jüngst wurde in den Medien und sozialen Netzwerken ja ausgiebig und lustvoll auf Helene Fischers Weihnachtssendung rumgehackt –, sondern tatsächlich um Horror-Serien.
Von American Horror Story läuft gerade die fünfte Staffel auf Sky, und Lady Gaga hat sich angeblich riesig über ihre Golden Globe-Nominierung gefreut – so sehr, dass sie ihre Nachbarn später um Entschuldigung für ihr Gekreische bitten musste. Die Serie stammt aus der Feder von Ryan Murphy, der unter anderem auch schon Nip/Tuck und Glee entwickelt hat. Leider geht seinen Serien immer nach einigen Folgen die Puste aus, bei den Schönheitschirurgen aus Miami war streng genommen nur die erste Episode wirklich großartig, bei den Hupfdohlen aus der High School hat es immerhin noch für ein Dutzend guter Folgen gereicht. Meistens gibt es eine Handvoll interessanter Charaktere, und wenn über diese das Wichtigste erzählt ist, bemerkt man schnell, dass die Handlung an sich recht dürftig ist. Auch AHS macht da keine Ausnahme, spätestens nach der Hälfte der Staffel hat man häufig genug – manchmal sogar noch früher. Bei der aktuellen Staffel Hotel könnte sogar schon nach der dritten Folge der Zenit erreicht worden sein, denn die vierte war ausgesprochen uninteressant.
Dennoch schaue ich jedes Jahr aufs Neue rein. Die Defizite im Storytelling mögen zwar groß sein und der Atem nicht lang, dafür ist die Besetzung stets hervorragend. Allein das Wiedersehen mit Jessica Lange oder Kathy Bates lohnt das Einschalten. Ungemein gut gelungen ist auch jedes Mal der Look: Ausstattung, Kostüme und Setdesign sind immer ein Erlebnis. Auch die Atmosphäre der Serie ist meist gut getroffen, eine Mischung aus Beklemmung und sanftem Grusel, obwohl sie keine Sekunde wirklich unheimlich ist.
Guillermo del Toro steht wie kein zweiter für verschrobenen, einfallsreichen Horror. Seit ein paar Jahren mischt er auch im TV-Geschäft mit und entwickelte zusammen mit Chuck Hogan The Strain, eine moderne Vampirsaga, die die inzwischen reichlich blutleere Story von Dracula mit einem Seuchen-Thriller kombiniert. Die ersten beiden Staffeln können sich sehen lassen.
Held der Geschichte ist ein Epidemiologe, gespielt von Corey Stoll, der herausfindet, dass ein Virus Menschen in Vampire verwandelt. Dahinter steckt ein skrupelloser Multimilliardär (Jonathan Hyde), der den sogenannten Meister ins Land geholt hat, einen jahrhundertealten Vampir mit Weltherrschaftsambitionen. Unterstützt werden sie von dem Ex-Nazi Thomas Eichhorst (Richard Sammel), dessen Performance stets an der Grenze zur Parodie angesiedelt ist.
Doch auch das hat Methode, denn hundertprozentig ernst nehmen sich die Macher selber nicht. So gibt es im Team der Vampirjäger einen hochgebildeten Kammerjäger, eine Hackerin, die das Internet lahmlegt und andere Spezialisten. Ein ehemaliger mexikanischer Wrestler, der sich auf der Jagd in sein altes Kostüm zwängt, ist auch dabei, und die Helden sind meistens im ehemaligen Lieferwagen einer Bäckerei unterwegs.
Vampirzähne haben übrigens ausgedient. Gesaugt wird mit einem alienähnlichen Wurmfortsatz, der aus dem Hals der Kreaturen hervorbricht, und ekelige Würmer, die sich in die Augen und Haut der Opfer bohren, spielen auch eine Rolle. Der Horror ist drastischer Natur, erzielt aber durchaus seine gewünschte Wirkung.
Das Tempo könnte insgesamt ein wenig flotter sein, aber man ist stets neugierig und möchte wissen, wie es weitergeht. So sollte es bei einer guten Serie eigentlich sein.