Mondsüchtig

Heute ist zwar erst Dienstag, aber da ich die nächsten Tage beruflich unterwegs bin, wird dies mein letzter Beitrag für diese Woche sein. Passend zu meinem Lamento über den Tod der Komödie, gibt es heute die Kritik zu einer der schönsten romantischen Komödien überhaupt:

Mondsüchtig

Loretta (Cher) hat in jungen Jahren ihre große Liebe geheiratet, allerdings ohne den Segen der Kirche, ohne Familie und Hochzeitsempfang – für eine Italo-Amerikanerin geradezu eine Todsünde. Nur zwei Jahre später wurde ihr Mann von einem Bus überfahren, und Loretta weiß: Dies ist nicht einfach nur Pech, sondern die Strafe des Himmels. Deshalb will sie diesmal alles richtig machen, wenn sie mit Johnny (Danny Aiello) den Bund fürs Leben eingeht. Dazu gehört auch, ihn mit seinem Bruder Ronny (Nicholas Cage) zu versöhnen, indem sie ihn zur Hochzeit einlädt. Dass sie sich dabei Hals über Kopf in ihn verliebt, hätte sie allerdings nicht vermutet …

Auch 1988 war die Grundidee dieser Geschichte nicht wahnsinnig originell, aber in der romantischen Komödie kommt es in erster Linie nicht darauf an, was erzählt wird, sondern wie dies geschieht. Geht es heute in diesem Genre meist um skurrile Paarungen und verrückte Situationen, legt Norman Jewison viel Wert darauf, seine Charaktere zu ergründen. Sowohl Loretta als auch Ronny tragen einiges mit sich herum, und bevor sie in den Hafen der Liebe einlaufen, müssen sie erst einmal die Klippen ihrer Vergangenheit umschiffen und mit sich selbst ins Reine kommen. Dass ist so hervorragend gelungen, dass Cher für ihre Leistung nicht nur den Golden Globe, sondern auch den Oscar als Beste Darstellerin gewann – dabei hatte Drehbuchautor John Patrick Shanley eigentlich Sally Field für diesen Part im Sinn. Er bekam, wie Olympia Dukakis für die Beste weibliche Nebenrolle, übrigens auch einen Oscar. Welche romantische Komödie kann das schon von sich behaupten?

Natürlich hat der Film für heutige Betrachter die eine oder andere Länge, aber er hat auch etwas ganz Entscheidendes: Herz. Und auch Verstand und beinahe so etwas wie Weisheit, versteckt in feinsinnigen Dialogen und klugen Alltagsbeobachtungen. Schade, dass es solche Filme einfach nicht mehr gibt.

Note: 2+

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.