Nichts zu lachen

Es ist ein Trauerspiel mit der Komödie. In den vergangenen zwei Wochen habe ich versucht, mir mehrere neue Komödienformate anzusehen, und bin hoffnungslos gescheitert. Liegt es an mir, werde ich zunehmend humorloser oder gibt es einfach nichts mehr zu lachen? Meiner Meinung nach hat sich die Art des Humors in den letzten zehn Jahren stark gewandelt – leider nicht zum Besseren.

Judd Apatow ist einer der Totengräber der Komödie, und weil er mit seinen Filmen meistens äußerst erfolgreich ist, darf er immer weitermachen. Der Humor seiner Werke ist häufig infantiler Natur. Witze über Körperflüssigkeiten und –ausscheidungen mögen Sechsjährige noch urkomisch finden, ich leider nicht. Klamauk hat es auch früher schon gegeben, und auch die Albernheiten von Bud Spencer und Terence Hill fand ich höchstens als Grundschüler erträglich, aber bei Apatow kommen gleich mehrere Komponenten zusammen, die ich schlichtweg fürchterlich finde. Neben Klamauk und Pippi-Kaka-Witzen sind das vor allem Fremdschäm-Momente und etwas, das ich als Kaugummi-Inszenierung bezeichnen möchte. Letzteres besagt, dass ein Witz über seine meist schwache Pointe hinaus immer und immer wieder wiederholt wird. Man könnte auch sagen, hier werden Witze mit dem Holzhammer eingebläut. Bestes Beispiel: Melissa McCarthys Fluchorgie in Immer Ärger mit 40. Hemmungslos fluchende Frauen sind übrigens ein weiteres Merkmal der neuen Komödie, manchmal sind es aber auch Kinder oder Senioren, also Leute, von denen man ein solch unflätiges Mundwerk nicht sofort erwartet. Das kann durchaus komisch sein, wird aber geradezu inflationär eingesetzt und kippt dann schnell um ins Nervige. Getretener Quark wird eben breit, nicht stark …

Lena Dunham ist die zweite Komödiantin, die für den Niedergang des Genres verantwortlich ist. Girls gilt ja vielen als Meilenstein des Humors, nach der Sichtung der meisten Folgen der ersten Staffel ist es für mich hingegen nur eines: langweilig. Der Anspruch, Frauen jenseits des Glamours von Sex and the City darstellen zu wollen, so ungeschminkt, peinlich und alltäglich wie möglich, ist zwar legitim, nur sollte man dann auch etwas zu erzählen haben – und nach Möglichkeit witzig sein. Dunhams Storys sind allerdings nur trostlos, unspannend und belanglos.

Der Erfolg ruft jedoch Nachahmer auf den Plan, wie zum Beispiel Master of None, eine Netflix-Produktion, in der Aziz Ansari Dev spielt, einen jungen Schauspieler in New York, der verdrießlich in den Tag hineinlebt. Gleich zu Beginn reißt beim Sex sein Kondom, eine Szene, die für Amerikaner vermutlich immer noch wahnsinnig provokant ist, bei Europäern aber nicht einmal ein Zucken der Mundwinkel hervorruft. Darauf folgten einige dümmliche Dialoge, in denen sich der Held lächerlich macht und völlig unbeholfen wirkt, als wäre er gerade einmal vierzehn und nicht dreißig, und nach einer weiteren Szene, in der das restliche Personal der Serie eingeführt wurde, die üblichen Freunde, die gerne hipp wären, aber nur peinlich sind, habe ich ausgeschaltet.

Von all den neuen Comedy-Formaten hat mich nur eines wirklich neugierig gemacht: Grace & Frankie. Die beiden Titelrollen sind mit Jane Fonda und Lily Tomlin hochkarätig besetzt, und der Trailer sah gar nicht mal schlecht aus. In der Serie geht es darum, dass sie beide entdecken, dass ihre langjährigen Ehemänner seit Jahrzehnten mehr als nur Freunde sind und sie nun verlassen, um zu heiraten. Natürlich wird kein Klischee dabei ausgelassen, was nicht weiter schlimm wäre, wenn man denn etwas zum Lachen hätte. Doch es gibt keine pointierten Dialoge oder gar boulevardeske Albernheiten, sondern nur gepflegte Langeweile. Das Ganze sieht aus, als hätte man es aus dem Papierkorb von Nancy Meyers geklaut.

Die nächste Enttäuschung heißt Alpha House mit John Goodman als republikanischer Senator, der sich eine Wohnung mit drei Kollegen teilt und in Washington ums politische Überleben kämpft. Material für eine beißende Satire, könnte man meinen, doch mangelt es der Serie leider völlig an Biss und Humor. Man muss aber fairerweise zugeben, dass es schwer ist, Republikaner und besonders Anhänger der Tea Party zu karikieren, da sie ohnehin schon eine wandelnde Karikatur sind.

Vor einigen Tagen startete auf Sky eine weitere satirische Serie: The Brink. Prominent besetzt mit Jack Black und Tim Robbins, kann man hier wenigstens ab und an mal schmunzeln, aber ob ich am Ball bleibe, wird sich erst nach der zweiten Folge zeigen. Immerhin habe ich den Pilot bis zum Ende gesehen, ohne mich für die Deppen auf dem Bildschirm in Grund und Boden zu schämen oder mich zu Tode zu langweilen. Vieles ist zwar zu infantil, die Dialoge sind teilweise dümmlich, und das Ganze könnte durchaus noch etwas mehr Biss vertragen, aber es ist zumindest keine komplette Katastrophe.

Traurig, mit wie wenig man sich zufrieden gibt …

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.