Wer war Stuart Shorter?

Ist es noch November oder steht bereits der Frühling vor der Tür? Die Kraniche sind weg, die Eichhörnchen sammeln wie verrückt Nüsse, und die meisten Experten sind sich einig, dass uns ein besonders langer und harter Winter bevorsteht, aber draußen sieht es nicht danach aus. Noch nicht, vermute ich, aber das kann ja noch kommen, und solange genießen wir einfach das schöne Wetter.

Diese Woche bin ich schwer beschäftigt. Mein weihnachtlicher Back-Marathon stand ins Haus und dauert immer noch an. Dann hat sich kurzfristig Besuch aus Amerika angesagt, und ein neues Projekt will ebenfalls vorbereitet werden. Deshalb komme ich gleich zu meiner Kritik:

Wer war Stuart Shorter?

Alexander Masters (Benedict Cumberbatch) ist Journalist und engagiert sich in der Obdachlosenhilfe. Als zwei Kollegen zu Unrecht inhaftiert werden, startet er zusammen mit dem obdachlosen Stuart (Tom Hardy) eine Kampagne. Die beiden werden Freunde, und Alexander beschließt, eine Biografie über den jungen Mann zu schreiben, der an MS leidet, auf der Straße lebt und fast die Hälfte seines Lebens wegen diverser Gewaltdelikte im Gefängnis saß.

Die – wahre – Geschichte klingt furchtbar dröge, und es ist auch nicht wirklich auf den ersten Blick ersichtlich, warum Alexander ausgerechnet über einen völlig unbekannten Mann (der lediglich aufgrund der Kampagne einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangte) ein Buch schreiben will. Oder warum daraus ein Film gemacht wird. Aber je tiefer man in Stuarts Leben eintaucht und an seiner Gedankenwelt teilhat, desto faszinierender wird er. Und umso stärker berührt einen sein Schicksal.

Dennoch ist die Story reichlich dünn und der Film trotz seiner 88 Minuten Laufzeiten ein bisschen zu lang. Doch das Schicksal dieses Mannes, der in seiner Kindheit nichts als Gewalt und sexuellen Missbrauch erfahren hat und später auf Probleme nur mit Aggressionen reagiert, worunter niemand mehr leidet als er selbst, lässt einen nicht kalt. Die Inszenierung ist relativ sperrig, der Look erinnert an Amateuraufnahmen, aber all das vergisst man sehr schnell, was in erster Linie Tom Hardy geschuldet ist, der bereits 2007 beweist, dass er einer der besten Schauspieler seiner Generation ist. Außerdem verdient er den Marlon Brando-Gedächtnispreis fürs Nuscheln …

Note: 3+

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.