Annabelle

Von wegen goldener Oktober. Der Herbst zeigt sich im Moment eher von seiner trüben und grauen Seite, aber man muss versuchen, es positiv zu sehen: Wenn es draußen regnet und sogar schon schneit (zum Glück war das nur ein kurzes Intermezzo), kann man es sich zu Hause gemütlich machen und Filme gucken. Horrorfilme zum Beispiel, denn im Halloween-Monat gruselt es sich besonders schön.

Ich muss mich zurzeit noch aus anderen Gründen etwas intensiver mit dem Thema befassen, aber das ist eine andere Geschichte und soll, wie es in Die unendliche Geschichte so schön heißt, ein anderes Mal erzählt werden. Gestern habe ich es zunächst mit Apartment 1303 versucht, der ganz vielversprechende Ansätze besitzt: ein japanische Original, ein unheimliches Haus, in dem sich jede Menge Gespenster tummeln, und ein rätselhafter Todesfall, der damit in Zusammenhang steht. Ich habe allerdings keine zwanzig Minuten durchgehalten. Nicht weil er so unheimlich war, sondern weil er so unheimlich schlecht war. Die Schauspieler (darunter Mischa Barton und Rebecca De Mornay) waren unterirdisch, die Dialoge dümmlich, und das Tempo entsprach dem einer Schnecke. Kein Wunder, dass der IMDb-Wert bei 2,6 liegt.

Immerhin habe ich noch einen anderen, etwas besseren Film entdeckt:

Annabelle

Mia (Annabelle Wallis) und ihr Mann John (Ward Horton) leben in einer beschaulichen Vorstadtsiedlung in Kalifornien. Die Nachrichten sind noch voller grausamer Geschichten über die Manson Family, die gerade Sharon Tate ermordet hat, als der Wahnsinn in die Idylle des jungen Ehepaars einbricht: Die Nachbarstochter, die vor Jahren weggelaufen ist und sich einer Sekte angeschlossen hat, kehrt mit einem Freund zurück und tötet ihre Eltern. Anschließend wenden sie sich gegen John und Mia und wollen auch sie umbringen. Die Polizei erschießt die Angreifer. Als die Tochter, Annabelle, stirbt, hält sie eine Puppe aus Mias Sammlung im Arm, von der ihr Geist quasi Besitz ergreift …

Normalerweise bekommen interessante Nebenfiguren Spin Offs, hier bekommt jedoch ein markantes Requisit aus dem Horrorfilm The Conjuring ein eigenes Grusel-Abenteuer. Da alles angeblich auf einer wahren Begebenheit beruht, die in dem Film von 2013 angerissen wird und in der zwei junge Frauen von dem bösen Geist heimgesucht werden, geht es hier um die Vorgeschichte. Somit ist Annabelle nicht nur ein Spin Off, sondern auch ein Prequel. Aber das nur am Rande.

Der Anfang ist spannend gemacht, mit feinem Gespür für den Geist der späten Sechziger: Mia ist eine brave Hausfrau, ihr Gatte John ein angehender Arzt, sie sind vollkommen unauffällig und angepasst, wirken sogar ein wenig blass. Schön ist, dass es endlich einmal kein Trauma gibt, das die Heldin zu überwinden hat, andererseits weiß man am Ende auch nicht viel mehr über sie als zu Beginn. Alfre Woodard, die eine verständnisvolle Nachbarin spielt, ist da wesentlich plastischer gezeichnet. Die beiden Frauen stehen im emotionalen Zentrum der Geschichte und machen ihre Sache ganz ordentlich – man fiebert mit ihnen mit, auch wenn man über das plakative und wenig einfallsreiche Finale eher den Kopf schütteln mag.

Der Gruselfaktor ist eher gering, jedoch gibt es ein paar gelungene Szenen und eine insgesamt recht ansprechende Inszenierung (Regie: John R. Leonetti). Besser als Apartment 1303 ist der Streifen allemal.

Note: 4+

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.