Fehler im System

Aus irgendeinem Grund ist die gestrige Kolumne nicht aus den Startlöchern gekommen. Daher mit einem Tag Verspätung der Beitrag vom Montag am Mittwoch…

Wie Mark G. es bereits kürzlich angekündigt hat, es wird an dieser Stelle bald wieder eine La-La-Land-Kolumne geben – und für uns einen Urlaub in den USA. Da noch sehr viel vorzubereiten ist, wird es in den nächsten Tagen nur ein paar Kritiken in Pi Jays Corner geben, bevor ich dann am Freitag aus L.A. berichten werde.

Game Change

2008: John McCain (Ed Harris) will US-Präsident werden, hat aber das Problem, dass er gegen den charismatischen Obama in den Umfragen schlecht dasteht. Seine Strategen (u. a. Woody Harrelson und Peter MacNicol) machen sich auf die Suche nach dem perfekten Vizepräsidenten-Kandidaten und entdecken dabei die Gouverneurin von Alaska: Sarah Palin (Julianne Moore). Zuerst sind alle begeistert, doch Palin hält so manche Überraschung parat…

Jeder kennt die Geschichte und hat sich seine Meinung über Sarah Palin gebildet, aber es ist interessant, mehr über die Hintergründe, Palin und die Strategien des Wahlkampfes zu erfahren. Die Schauspieler agieren allesamt großartig, und die Maske macht die Illusion dann nahezu perfekt; man vergisst beinahe, dass es nicht die echten Politiker sind, denen man zusieht. Palin kommt über weite Strecken überraschend sympathisch weg, als eine Frau, die sich einfach nur zu viel zugemutet hat. Sie erscheint als naives Dummchen, das nahezu nichts über die Dinge außerhalb der USA weiß, aber den Ehrgeiz hat, in der großen Politik mitzumischen. Gelegentlich streifen die Macher noch die etwas irritierenderen Charakterzüge Palins, die zum Beispiel Amok redet oder in eine fast schon katatonische Starre verfällt, wenn sie überfordert oder in die Enge getrieben wird. Wirklich nahe kommt man der Figur leider nicht, aber immerhin so nahe, wie das bei einer lebenden Person wohl möglich ist. Das größte Manko des Films ist seine Perspektivlosigkeit, mal steht McCain im Mittelpunkt, dann Palin, dann ein anderer Charakter, dadurch wirkt der Film uneinheitlich und ein wenig willkürlich erzählt.

Note: 3

Zurück im Sommer

Der Bestsellerautor Michael (Ryan Reynolds) kehrt nach Hause zurück, doch auf dem Weg zum Flughafen, um ihn abzuholen, verunglückt seine Mutter (Julia Roberts) tödlich. Ihr Mann (Willem Dafoe) gibt sich – nicht zu Unrecht – die Schuld daran. Michaels Beziehung zu seinem Vater, die schon immer sehr problematisch war, verschlechtert sich dadurch noch weiter, und auch sonst schlummern in der Familie noch einige Konflikte.

Die semiautobiografische Geschichte von Autor/Regisseur Dennis Lee geizt nicht mit Konflikten: eine schwierige Vater-Sohn-Beziehung, eine unglückliche Ehe mit einem Tyrannen, die Midlifecrisis eines Collegeprofessors, heimliche Affären, Alkoholsucht und… und… und… Leider werden all diese Konflikte meist nur kurz angerissen und nicht konsequent zu Ende erzählt, das meiste bleibt unausgesprochen und halb unter der Oberfläche, kurz gesagt – es fehlt an Leidenschaft und Emotionen. Dass der Film dennoch nicht einschläfernd wirkt, ist beinahe schon wieder lobenswert.

Note: 4

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.