Es war einmal … Wenn ich die klassischen Anfangsworte eines Märchens höre, wird mir unweigerlich warm ums Herz. Kindheitserinnerungen werden wach, ich denke an kaltes Wetter, ein prasselndes Kaminfeuer und heiße Schokolade, an samtige Erzählstimmen wie die von Hans Paetsch, den die Älteren vermutlich noch als „Märchenonkel der Nation“ kennen dürften.
Seit einiger Zeit sind Märchenfilme wieder en vogue. Sei es zu Weihnachten in der ARD, die sich seit Jahren durch die deutschen Klassiker filmt, oder in Hollywood, wo Disney seit langem die Fahne mit seinen Animationsfilmen hochhält. Mit Cinderella gab es eine erfolgreiche und überaus opulente Realverfilmung, in Frankreich wurde Die Schöne und das Biest nicht weniger bildgewaltig in Szene gesetzt, und aus Italien stammt die Produktion Das Märchen der Märchen, die zur Zeit in unseren Kinos zu sehen ist.
Seit einigen Tagen ist das Wetter ja wieder geeignet, um heiße Schokolade zu trinken und sich verzaubern zu lassen, und so erschien es mir passend, mir eine weitere, neue Märchenverfilmung anzuschauen:
Maleficent
Die Fee Maleficent (Angelina Jolie) wird von ihrem Liebsten (Sharlto Copley) verraten und ihrer Flügel beraubt. Aus Rache verwünscht sie seine Tochter Aurora (Elle Fanning), die sich an ihrem sechzehnten Geburtstag an einer Spindel stechen und in einen tiefen Schlaf fallen soll, aus dem sie nur ein Kuss wahrer Liebe wecken kann. Doch Maleficent hat nicht damit gerechnet, dass ihr das Kind ans Herz wachsen könnte …
Ich kann mich nicht erinnern, dass in Dornröschen der Name der Fee genannt worden ist, die im Englischen Maleficent heißt. Soviel ich weiß, stammt der Name – auf Deutsch Malefiz – aus der Disney-Zeichentrickversion der Geschichte, die auch als Vorlage dieser Verfilmung dient. Ohne diese je gesehen zu haben, kann ich mir vorstellen, dass die Realverfilmung wie schon bei Cinderella sehr dicht an dieser Version dran ist. Das mag man clever nennen oder einfallslos, in jedem Fall war es erfolgreich.
Die böse Fee zur Heldin zu machen, ist dabei eine gute Idee und stellt das alte Erzählmuster auf den Kopf. Niemand wird böse und niederträchtig geboren, sondern dazu gemacht, lautet die Botschaft, und es ist nie zu spät, falsche Entscheidungen wieder rückgängig zu machen oder schlechte Taten zu sühnen. Der König, der wahre Übeltäter in dieser Geschichte, lernt das nicht und ist deshalb zum Untergang verdammt.
Auch das Ende, die Sache mit dem Prinzen, der sich durch die Dornenhecke kämpfen und Dornröschen wachküssen muss, ist hier ganz anders als man es kennt. Natürlich erahnt man sehr schnell, wie die Story ausgehen wird, berührend und liebevoll erzählt ist es dennoch.
Angelina Jolie scheint ihre Rolle sehr zu genießen und kostet jeden großen Auftritt bis zum Letzten aus, ohne dabei die Grenze zum Chargieren zu überschreiten. Elle Fanning verblasst dagegen zu einer naiven Schönen, die arglos durchs Leben tanzt. Ein eher durchwachsenes Frauenbild, das hier gezeichnet wird. Aber neben Jolie verkommen sowieso alle anderen Figuren zu reinen Stichwortgebern, was aber auch daran liegen mag, dass sämtliche Schauspieler ziemlich farblos wirken. Selbst Imelda Staunton als weitere Fee macht keine besonders gute Figur.
Die Effekte können sich sehen lassen, die Bilder sind bunt und voller Detailreichtum. Es gibt sogar ein paar unerwartete Kampfszenen. Hin und wieder übertreiben es die Macher – ich sage nur: der fliegende Prinz – aber alles in allem kann man sich den Film wunderbar an einem verregneten Herbstnachmittag ansehen, ohne von dem ganzen Kitsch einen Zuckerschock zu bekommen.
Note: 3