Straight Outta Compton

Zum zweiten Film, den ich vergangenes Wochenende gesehen habe, musste ich ein klein wenig überredet werden. Obwohl ich das eine oder andere durchaus mag, ist Rap nicht unbedingt meine Lieblingsmusikrichtung, und noch weniger Ahnung habe ich von der Geschichte seiner Musiker. Aber man geht ja schließlich nicht nur ins Kino, um Spaß zu haben, sondern auch, um etwas zu lernen …

Straight Outta Compton

Ice Cube (O’Shea Jackson Jr.) ist ein begnadeter Songtexter, Eazy-E (Jason Mitchell) dealt mit Drogen, ist aber bereit, sein Geld in die Gründung eines Labels zu stecken, und Dr. Dre (Corey Hawkins), Dj Yella (Neil Brown Jr.) und MC Ren (Aldis Hodge) verfügen bereits über Bühnenerfahrung, als sie sich zusammentun, um professionell Musik zu machen. Und nicht irgendeine Musik, sondern knallharten Gangsta-Rap, der ihre Lebenserfahrung in einem typischen Problemviertel von L.A. thematisiert. Schon bald haben sie, auch dank ihres Managers Jerry (Paul Giamatti) großen Erfolg, aber damit beginnen ihre Probleme erst …

Der Film von F. Gary Gray ist ein klassisches Bio-Pic und ein Cheerie Movie, die ewige, uramerikanische Aufstiegsgeschichte vom Tellerwäscher zum Millionär. Mitte der Achtziger gab es für die Kids in Compton nicht viele Möglichkeiten, zu Ansehen und Reichtum zu kommen, wenn man nicht als Drogendealer und Gangmitglied Karriere machen wollte. Ihren Frust über gesellschaftliche Diskriminierung und alltägliche polizeiliche Willkür verarbeiten sie in ihrer Kunst, die für das Establishment rau und provokant ist, von den jungen Leuten, insbesondere den Farbigen, jedoch sofort geliebt wird.

Dreißig Jahre später und nach den Ereignissen in Ferguson und vielen anderen Orten ist die Geschichte aktueller denn je. Die politische Komponente spielt jedoch nur eine Rolle in der Story, denn es geht natürlich auch um die Musik, die Zwistigkeiten innerhalb der Gruppe, die Auseinandersetzung mit ihrem Manager Jerry, hervorragend sinister gespielt von Paul Giamatti, um Freundschaft, Verrat, Drogen und Gewalt. Trotz seiner zweieinhalb Stunden ist der Film beinahe zu kurz, um all diese Themen unterzubringen, und manches bleibt dabei beinahe auf der Strecke.

Das Ganze ist hervorragend gespielt, solide inszeniert und besitzt selbstverständlich einen starken Soundtrack. Manches wirkt geschönt, was kein Wunder ist, wenn die Akteure von einst nun als Produzenten agieren, die die Wirklichkeit nach Belieben filtern können. So spielt Dr. Dres problematisches Verhältnis zu Frauen so gut wie keine Rolle. Wie Frauen überhaupt nur am Rande vorkommen und ansonsten bestenfalls schmückendes Beiwerk im Hintergrund sind. Ist das nun sexistisch oder einfach nur ehrlich, wenn man weiß, dass Frauenfeindlichkeit und Homophobie in dieser Branche weit verbreitet sind? Diese grobe Unterteilung der Frauenfiguren in Huren auf der einen und Heiligen auf der anderen Seite fällt zumindest unangenehm auf.

Note: 3+

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.