Am Montag, dem eigentlichen Memorial Day, fuhren wir von Portland aus nach Süden, machten dabei aber einen großen Umweg über das John Day Fossil Beds National Monument, der uns einige Stunden kostete, landschaftlich dabei allerdings ausgesprochen reizvoll war.
Der Weg am Columbia River entlang erinnerte zunächst an das Rheintal, nur breiter und ohne Burgen. Dafür passierten wir einen Wasserfall, den wir uns leider nicht näher ansehen konnten, weil der Parkplatz wegen Überfüllung geschlossen war. Nach einer Weile verschwanden dann die Bäume und machten schroffen Klippen und einer Prärielandschaft Platz.
Irgendwann ging es Richtung Süden, durch eine trockene, aber wunderschöne Gegend mit zerklüfteten Canyons und grünen Hügeln, die nach etlichen Meilen in saftiges Grasland übergingen, das man auch im Voralpenland finden könnte. Sogar einige Farmen und Weiden mit Kühen gab es.
Unser Weg führte weiter durch dichte Wälder, heimelige Flusstäler und eine sanft gewellt Hügellandschaft. Riesige Windparks und verfallene oder nach wie vor bewirtschaftete Farmen säumten den Highway und nur ganz selten einmal ein Dorf oder kleines Städtchen. In einem wurde der Memorial Day mit Freiluft-Bingo, Tombola und einer Miniatureisenbahn für die Kinder begangen, es roch nach bruzzelnden T-Bone-Steaks, und irgendwo plärrte Country-Musik aus einem Lautsprecher. Smalltown-America…
Und auf jedem Friedhof, den wir passierten, waren mehr Flaggen als Grabsteine zu sehen. Dieses Übermaß an Patriotismus ist mir schon unheimlich. In jener oben beschriebenen Kleinstadt gab es auch ein Chapter eines Rockerclubs – und in gewisser Weise war es, als würde man direkt durch die Kulissen von Sons of Anarchy fahren. Außerdem wimmelte es auf den Straßen nur so von Bikern: Von den knallharten Rockern in Lederkluft, mit langen ZZ-Top-Bärten und Bandanas auf dem Kopf, über Freizeit-Yuppie-Motorradfahrer in bunten Lederoveralls bis hin zu den martialisch aufgemotzten Dykes-on-Bikes-Walküren war wirklich jeder Typus vertreten.
Am Nachmittag erreichten wir den Park, der aus drei, ziemlich weit voneinander entfernten Teilen besteht. Benannt wurde er nach John Day, einem Pionier des frühen 19. Jahrhunderts, der zwar niemals in dieser Gegend gewesen ist, dafür aber einige Meilen entfernt ausgeraubt wurde und fortan jedem davon erzählte. Warum ihn ausgerechnet dieses Erlebnis zum Helden des Wilden Westens und Namenspatron dieses wunderschönen Monuments machte, kann ich mir auch nicht erklären. Ebenso wenig wie den ungewöhnlichen Baumbehang, den wir auf dem Weg nach Bend gesehen haben: In einem Baum hingegen Dutzende Paar Schuhe, obwohl es im Umkreis von fünfzig Kilometer keinerlei Siedlung gab.
Zwei der drei Teile konnten wir immerhin besichtigen, für den dritten hätten wir einen noch größeren Umweg in Kauf nehmen müssen. Aber das, was wir gesehen haben, war so schön und spektakulär, dass es für einen Tag locker gereicht hat. Wild zerklüftete Felsformationen beherrschten die Sheep Unit, während es bei den Painted Hills, wie der Name schon sagt, Hügel in leuchtenden Farben, vor allem in Rot- und Gelbtönen gibt. Die Gegend erinnert hier schon sehr an den Südwesten des USA und ist ein erster Vorgeschmack auf das, was wir nächste Woche zu sehen bekommen werden.