Noch immer lag ein bleigrauer Himmel über dem Land, aber wenigstens regnete es nicht mehr, als wir nach dem Frühstück Richtung Portland aufbrachen. Leider ist die Stadt berüchtigt für ihr wechselhaftes Wetter – aber wenn man unterwegs von einem Schauer überrascht werden sollte, gibt es zum Glück immer ein Café in der Nähe, in dem man ihn abwarten kann.
Unser Hotel liegt etwas abseits von Downtown, sagen wir mal: mit günstiger Verkehrsanbindung, doch das Rauschen des Highways ist nur leise zu hören. Vor dem Fenster stehen hohe Bäume, und auf der anderen Seite des Gebäudes befinden sich mehrere Stripclubs und ein Laden, der zwei Piercings für fünfundzwanzig Dollar anbietet. Damit ist die Abendunterhaltung schon mal gesichert …
Obwohl Portland ein hervorragendes Nahverkehrssystem besitzt, fuhren wir am Samstag mit dem Wagen in die Innenstadt. Da es Wochenende und noch dazu Feiertag war, war es auch nicht allzu schwer, einen Parkplatz zu finden. Außerdem haben wir auf dem Herweg gesehen, dass viele Leute mit dem Campingmobil in die Berge gefahren sind. Das muss bei der feucht-kalten Witterung enorm viel Spaß machen.
Portlands Downtown ist relativ übersichtlich, ein wenig wie eine Miniaturausgabe von Manhattan, mit vereinzelten Hochhäusern und einigen historischen Bauten. Die Geschäfte, sofern sie nicht zu einer Kette gehören, geben sich vereinzelt große Mühe mit dem Design ihrer Schilder, und es gibt eine große Anzahl von Micro-Brauereien. Das einzige, was mir negativ aufgefallen ist, sind die vielen Obdachlosen in der Stadt. Manche schliefen direkt auf dem Bürgersteig, andere liefen durch die Straßen und bettelten um Kleingeld. Portland scheint hier ein sehr großes Problem zu haben.
Neben den Brauereien sind auch die mobilen Küchen berühmt, die an allen Ecken und Enden zu finden sind – es gibt sogar spezielle Führungen zu den bekanntesten Imbisswagen. Mexikanisch, Japanisch, Hawaiianisch, Italienisch, Marokkanisch – es gibt kaum eine Küche, die nicht vertreten wäre. Wir wählten einen Koreaner aus, der ein vorzügliches Bulgogi machte, etwas, das ich seit über zwanzig Jahren nicht mehr gegessen hatte.
Zum Dessert wollten wir uns eigentlich ein paar Doughnuts aus der legendären Bäckerei „Voodoo Doughnuts“ holen, doch als wir zu dem Laden kamen, reichte die Schlange bereits um den halben Block. Und eine Stunde lang anstehen für ein paar Kalorienbomben wollten wir dann doch nicht.
Nach ungefähr zwei Stunden Stadtbummel verließen wir die historische Downtown wieder. Ich hätte noch länger bleiben und stöbern können, in den tollen Buchläden oder den alternativen Werkstattläden, in Chinatown oder in den schicken Geschäften in Midtown. Ein Viertel heißt übrigens Hollywood, und hier gab es ein sehr hübsches, uraltes Kino.
Weil ich mir die verhexten Naschereien in den Kopf gesetzt hatte, hielten wir noch bei der zweiten Filiale von „Voodoo Doughnuts“ an, die sich außerhalb Downtowns befindet. Hier gab es zwar auch eine Schlange, aber sie war bei weitem nicht so lang, und fünfzehn Minuten später hatten wir dann die Qual der Wahl. Berühmt-berüchtigt sind vor allem die ausgefallenen Kreationen und Verzierungen, die in der Anfangszeit auch mal aus zerstoßenen Pillen bestanden und bei den Club-Gängern sehr beliebt waren. Ihr „Markenzeichen“ neben der rosa Box („Good things come in pink boxes.“) ist die Voodoo Doll, die in etwa die Form einer Puppe hat und mit rotem Gelee gefüllt ist, wer mag, bekommt aber auch einen Doughnut mit gebratenen Bacon-Streifen obendrauf.
So mutig waren wir jedoch nicht, neben der Voodoo-Puppe gab es noch die Geschmacksrichtungen Kokosnuss, Vanillecreme und Mango-Tango. Leider allesamt verdammt lecker. Schließlich heißt ihr Slogan: „The Magic is in the Hole“.