Unser Hotel in Edmonton war ein wenig seltsam. Als wir ankamen, wirkte es vollkommen menschenleer, selbst am Abend wanderte man noch durch eine verlassene Lobby und endlose Korridore, in denen man nicht einen Mucks hörte – selbst der Concierge ließ sich nie blicken. Gegen elf Uhr abends war der Flur vor dem Zimmer dann plötzlich voller lärmender Menschenmassen, nur um wenig später wieder in Totenstille zu verfallen. Beim Frühstück trafen wir dann unsere „Mitbewohner“ – eine Gruppe Farbiger mit karibischem Akzent und lauten Organen. Insgesamt haben wir die Zeit dort jedoch genossen, das Zimmer war riesig und besaß sogar eine eigene Küche. Und die Mikrowelle quietschte in derselben Tonfolge wie die Orgel in Unheimliche Begegnung der dritten Art – ich schreibe das nur für den Fall, dass wir in den Weiten Montanas spurlos verschwinden sollten …
Edmonton war, neben Jasper, unser nördlichster Aufenthaltsort in Kanada, von nun an geht es wieder Richtung Süden. Erstaunlicherweise haben wir nach über drei Wochen erst knapp die Hälfte unserer Strecke zurückgelegt, was bedeutet, dass einige längere Fahrtage vor uns liegen. Zum Glück ist das Benzin hier ungeheuer preiswert, in diesem Teil Albertas zahlen wir umgerechnet gerade einmal 67 Euro-Cent pro Liter. Davon können die Autofahrer in Deutschland nur träumen.
Am Sonntag ging es nach Calgary, vielen wahrscheinlich noch bekannt als Austragungsort der Olympischen Winterspiele von 1988. Der Highway, der Edmonton und Calgary verbindet, wurde nach Queen Elizabeth II. benannt, woran uns alle paar Kilometer ein Schild erinnerte. Vermutlich wurde das gesamte Schilder-Budget eines Jahrzehnts darauf verwandt.
Interessant waren außerdem die vielen Golfplätze links und rechts neben dem Highway, manche davon nicht einmal von einem Zaun gesichert, so dass man wohl jederzeit mit tieffliegenden Bällen rechnen muss. Es scheint, als verfüge jeder Ort mindestens über eine Tankstelle, eine Filiale von Tim Hortons und einen Golfplatz. Wirklich erfreulich ist jedoch, dass es nur sehr wenig Müll am Fahrbahnrand gibt. Kein Vergleich mit den USA oder Italien, wo man bisweilen das Gefühl hat, über eine illegale Müllkippe zu fahren, und selbst Deutschland schneidet in dieser Hinsicht sehr viel schlechter ab.
Am Nachmittag kamen wir bei Mark G.s Cousin in Calgary an und wurden am selben Abend noch ein wenig durch die Stadt chauffiert. Wir waren im Olympia Park, bei den Skisprungschanzen und der Bobbahn, auf der vor beinahe dreißig Jahren ein jamaikanisches Team Sportgeschichte geschrieben hat. Calgary ist eine hübsche Stadt, reich geworden durch Ölfunde, weshalb sich hier viele internationale Firmen angesiedelt haben.
Essen waren wir schließlich in einem gemütlichen Restaurant am Fuße des Calgary Towers, wo es ein hervorragendes Steak gab, natürlich von glücklichen Rindern aus Alberta.