Am Freitag hat Kanada versucht, sich mit uns anzulegen. Irgendwie war schon am Morgen der Wurm drin: Trotz ausführlicher Wegbeschreibung von Herrn Google verfuhren wir uns auf dem Weg zum Highway No. 1, weil die Beschilderung hier unzureichender ist, als in Oregon und Italien zusammengenommen. Anscheinend geht man davon aus, dass alle Autofahrer ein Navi besitzen, und spart sich die meisten Schilder, leider auch die, die wichtig gewesen wären.
Nach einem kleineren Umweg fanden wir endlich die richtige Straße und überquerten eine Brücke, für die Maut zu bezahlen ist. In jedem Land der Welt würde man ein kleines Häuschen auf mindestens einer Spur vermuten, in dem jemand sitzt, den man bezahlt, oder wenigstens einen Automaten. Hier gibt es nur jede Menge Schilder (auf einmal!), auf denen man darauf hingewiesen wird, dass man doch bitte möglichst eine Woche in Voraus und online buchen soll. Herzlich gerne – wenn man wüsste, dass dies eine zollpflichtige Brücke ist.
Natürlich – in Kanada sind sie ja alle wahnsinnig locker und entspannt – ist das kein Problem. Es wird elektronisch das Kennzeichen erfasst und eine Rechnung an die Mietwagenfirma übermittelt, die dann bezahlt und einem den Betrag in Rechnung stellt. Vermutlich mit einer Bearbeitungsgebühr, die ein Vielfaches höher ist. Aber auch das muss man wissen. Weil wir glaubten, wir würden ein Ticket riskieren, suchten wir nach einer Möglichkeit, unsere Schuld zu begleichen. Tatsächlich gibt es ein Center, in dem man die Maut bezahlen kann, und jede Menge Schilder, die einen dorthin führen, denn das Gebäude befindet sich ein paar Kilometer entfernt in der Pampa. Dort angekommen, mussten wir einige Zeit warten, bevor sich eine nette Dame unseres Problems annahm. Sie gab unser Kennzeichen ins System ein, dann dauerte es wieder einige Minuten, in denen der Computer, wie sie sagte, „denken“ musste. Er war ein großer Denker, nur leider kein schneller. Gerne hätten wir die drei Dollar in bar bezahlt, aber das wäre ein größerer bürokratischer Akt gewesen, weshalb wir die Kreditkarte zückten. Das Ausdrucken der Quittung war dann tatsächlich in weniger als einer Minute erledigt. Bis wir wieder am Highway angelangt waren, hatten wir zwanzig Minuten mit dem Prozedere vertan. Das Tüpfelchen auf dem I waren jedoch die Plakate, auf denen für die Effizienz und Effektivität des neuen Systems geworben wurde. Irgendwie konnte man dennoch froh sein, dass sie uns zum Bezahlen nicht wieder nach Vancouver geschickt haben. Die Situation war jedoch so absurd und surreal, dass wir mehr gelacht als uns geärgert haben. Unterwegs mit Kafka …
Der Spaß mit der Beschilderung ging später weiter, zuvor machten wir jedoch Rast in Hope, um koreanisch-japanisch Mittag zu essen. Meine Suppe wurde brodelnd serviert. Nicht heiß, sondern immer noch heftig brodelnd. Es war eine Art Nudelsuppe mit Fisch und Shrimps, die viel zu süß geschmeckt hat. Die Nudeln waren so dick wie Regenwürmer und so lang wie Spaghetti, und ich hatte lediglich einen kurzen Löffel und ein paar Stäbchen zur Hand. Sagen wir, es war eine sehr zermürbende Art, seine Suppe auszulöffeln.
In direkter Nachbarschaft von Hope, in dem übrigens Rambo gedreht wurde, befindet sich ein netter Park zum Wandern. Leider haben wir ihn nicht gefunden, da es keine Schilder gab, die uns den Weg gewiesen hätten. Stattdessen sind wir dann zum E.C. Manning Provinzial Park gefahren, wo es uns durch Zufall und nach längerer Suche tatsächlich gelungen ist, den richtigen Wanderpfad zu finden. Auch wenn dies ein kostenloser Park ist, wäre es zu viel verlangt, ein paar Schilder aufzustellen oder wenigstens auf der einzigen Übersichtskarte den Standort derselben zu markieren? Nachdem wir viel Zeit durch sinnlose Umwege und endloses Suchen vertan hatten, blieb nicht mehr viel Zeit zum Wandern. Aber die Natur war sehr hübsch, und am Lightning Lake gab es – Erdhörnchen! Die zierlichen und possierlichen Tierchen hatten überall auf der Wiese ihre Höhlen gegraben und lugten daraus hervor, um die Sonne zu genießen. Sie waren so zutraulich, dass man nah an sie herangehen konnte, und viele liefen sogar auf uns zu. Wahrscheinlich hofften sie auf Futter, aber mit Wildtieren sollte man immer vorsichtig sein.
Die Erdmännchen haben mich wieder mit Kanada versöhnt, und auch die tolle Landschaft hat ihren Teil dazu beigetragen: Endlose Wälder, hohe, teilweise schneebedeckte Berge und jede Menge Flüsse und sogar Wasserfälle direkt neben der Straße – die Gegend ist schon äußerst beeindruckend. Nur ein paar Schilder mehr hier und da wären nicht schlecht …