Es gibt Genres, die müsste man glatt auf die Rote Liste der aussterbenden Arten setzen. Den Western zum Beispiel oder auch den Thriller. Zwar werden immer noch hin und wieder solche Filme gedreht, aber sie erreichen kaum ihr Publikum. Die Jagd, Olympus Has Fallen, Gangster Squad oder Broken City sind aktuelle Beispiele dafür, dass es dem Spannungskino an zahlenden Augenzeugen mangelt, und das ist sicherlich nicht nur der Qualität der genannten Streifen geschuldet.
Dem klassischen Thriller haftet mittlerweile etwas leicht Altbackenes an. Hitchcock gilt bei den Cineasten zwar immer noch als großer Meister, aber wer heute Filme wie der Master of Suspense machen würde, hätte nicht mehr viel zu lachen. Brian De Palma kann nicht erst seit seinem letzten Film ein Lied davon singen.
Innovationen sind auf diesem Gebiet eher im Fernsehen auszumachen. Über Breaking Bad haben wir ja schon mal gesprochen, deren Hauptfigur mitunter an die Helden des Film Noirs und ihre ambivalente Moral erinnert. Eine ähnlich zwiespältige, aber hochinteressante Figur ist Dexter Morgan.
Gerade läuft die siebte Staffel von Dexter im deutschen (Pay-)TV, und da ich ein Fan der ersten Stunde bin, schaue ich sie mir natürlich an. Zugegeben, an die Qualität der ersten beiden Staffeln reicht sie bei weitem nicht heran, auch die darauf folgenden Jahrgänge waren noch sehr ordentlich, während man über den vergangenen besser den Mantel des Schweigens breitet. Aber nun ist Dexter zurück und in etwas besserer Form: Wieder einmal tun sich in der pastellbunten Kulisse von Miami tiefschwarze Abgründe auf. Und mit Yvonne Strahovski (die mit der grandiosen Agentenparodie Chuck bekannt wurde) hat man dem Helden noch ein ebenso schnuckeliges wie gefährliches good bad girl an die Seite gestellt…
Aber damit ist das Thema Morden in Serie noch lange nicht abgeschlossen. Gleichzeitig wird nämlich auch The Following ausgestrahlt, eine Serie, in der ein charismatischer, von Poe inspirierter Killer (James Purefoy) eine Gefolgschaft Gleichgesinnter um sich schart, um dem FBI und Kevin Bacon das Leben schwer zu machen. Die erste Folge war hochspannend und klug von Kevin Williamson ausgedacht, aber leider verliert die Serie seither kontinuierlich an Qualität. Schon nach vier, fünf Folgen zeigten sich erste Ermüdungserscheinungen und Logikfehler, und trotz spannender Momente weiß ich nicht, ob ich mir die zweite Staffel ansehen werde.
Hannibal ist die letzte neue Serie über einen notorischen Killer, die ich mir angesehen habe (Bates Motel hat ja leider keine besonders gute Mundpropaganda), und sie ist zumindest schauspielerisch und visuell herausragend. Der Stil erinnert in seiner düsteren Brillanz an David Finchers Arbeit, und die Idee, Hannibal Lector zum Serienhelden zu machen, ist schon beinahe genial, weil man so hervorragend mit der Erwartungshaltung der Zuschauer spielen kann. Leider hat es Mads Mikkelsen nicht leicht, in die übergroßen Fußstapfen von Anthony Hopkins zu treten, macht seine Sache aber von Folge zu Folge besser (nuschelt dabei aber ganz fürchterlich). Hugh Dancy ist ihm ein ebenbürtiger Gegner, auch wenn er eine finstere Variante seiner Rolle in Adam spielt und in einem heimlichen Wettkampf mit seiner Frau Claire Danes zu stehen scheint, wer den durchgeknalltesten Serienhelden verkörpert. Hannibal ist eine teilweise kaum zu ertragene Tour de force in die Abgründe menschlicher Seelen, in der es mehr um die Natur des Bösen geht als um die Aufdeckung von Verbrechen, was sich leider auf die Spannung auswirkt. Dennoch beweist diese Serie einmal mehr, dass das Fernsehen das Kino auf diesem Feld bereits abgehängt hat.