Das selbstmörderische Eichhörnchen und der Tintenfischbaum

SAM_6945a_smallIn Newport gibt es doch tatsächlich zwei historische Leuchttürme, von denen der wesentlich schönere im Reiseführer verschwiegen wird. Wären wir nicht zufällig auf das Hinweisschild gestoßen, wäre uns Yaquina Head vollkommen entgangen. Zum Leuchtturm gehören auch zwei Strände, einer davon war mit großen, runden Vulkansteinen bedeckt, die, wenn das Meer über sie hinwegrauscht, ein eigentümliches Geräusch machten. Klang ein wenig wie Magenknurren.

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SAM_6926a_smallDie Three Capes Scenic Route führte uns direkt an der Küste entlang zu einigen bezaubernden Ortschaften und eindrucksvoller Natur. Direkt hinter Pacific City liegt das Cape Kiwanda mit der letzten, großen Düne und einem Haystack Rock. Wir haderten ein wenig mit uns, ob sich das Heraufkraxeln überhaupt lohnt, schließlich ist es recht beschwerlich, durch den weichen Sand zu stapfen, aber die Aussicht von der Düne ist bemerkenswert. Linker Hand befindet sich eine enge Bucht mit einer Höhle, rechts einige schroffe Klippen. Es ist die Mühe auf jeden Fall wert.SAM_6941a_small

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Die Straße, die von Kap zu Kap führt, war stellenweise leider voller Schlaglöcher und führte auch durch den einen oder anderen deprimierenden Ort mit verfallenden Häusern und dunklen Wäldern ringsum – perfekt, um ahnungslosen Touristen aufzulauern und sie für den nächsten Winter einzukochen. Hat man alles schon im Kino gesehen. Dann wiederum fuhren wir durch propere Küstenorte, in denen sich eine Villa an die andere reihte. Hier wie dort standen jedoch erstaunlich viele Häuser zum Verkauf, aber mir wäre die Gegend, so schön sie auch ist, viel zu einsam.

Manchen schlägt diese Einsamkeit möglicherweise aufs Gemüt, denn unterwegs warf sich ein todessehnsüchtiges Eichhörnchen vor unseren Wagen, konnte aber im letzten Moment durch beherztes Lenken und psychologische Krisenintervention gerettet werden.

SAM_6982_smallDen zweiten State Park ließen wir aus, weil er uns landschaftlich nicht so reizvoll erschien und wir noch einige Meilen abzureißen hatten. Der nächste Halt war dann Cape Meares mit seinem hübschen Leuchtturm und einer botanischen Besonderheit: Im Wald wächst ein Octopus Tree, von dem keiner sagen kann, wie er vor dreihundert Jahren dorthin gekommen ist oder warum er so wächst wie er es tut. Manche vermuten ein künstliches Eingreifen von Indianern, und vermutlich gibt es dazu auch verschiedene Verschwörungstheorien.SAM_6968_small

Leider war die Straße hinter dem Park gesperrt, so dass wir wieder umkehren mussten. Bei Tillamook kehrten wir auf den Highway zurück und machten eine kleine Lunchpause. Die Stadt ist berühmt für ihren Käse und ihre Eiscreme, die unter diesem Namen vermarktet werden, entsprechend finden sich in ihrer näheren Umgebung zahlreiche Farmen. Die Kühe liegen neben der Straße in der Sonne, als würden sie für einen Werbespot posieren, und irgendwie bekommt man bei diesem Anblick Lust auf Milchprodukte.

Statt die Käsefabrik zu besichtigen, entschieden wir uns jedoch für die Weiterfahrt, um im Oswald West State Park eine Wanderung zu einer verschwiegenen Bucht zu unternehmen. Ganz so verschwiegen war sie dann aber doch nicht, tummelten sich doch etliche Surfer und Ausflügler dort. Der letzte Halt war Cannon Beach, ein sehr schmuckes, verträumtes Städtchen mit zahllosen Hotels, Restaurants und Souvenirshops, das sich gerade auf den Ansturm in der Hauptsaison vorbereitet. Der Strand mit dem Haystack Rock (Felsen im Heuhaufen-Format gibt es vermutlich fast so viele wie Red Rock Canyons im Südwesten) war entsprechend noch relativ leer, sogar das Meer machte gerade eine kleine Pause und hatte sich diskret zurückgezogen.

Am frühen Abend erreichten wir dann Astoria, einst ein quirliges Hafenstädtchen, heute eine in die Jahre gekommene Schönheit, die versucht, über die Runden zu kommen und dabei ein anständiges Mädel zu bleiben. Hier endet Oregon; wenn man eine hochhaushohe Brücke überquert und danach noch knapp fünf Meilen über eine weitere Brücke über die Bucht fährt, erreicht man Washington. Unser Hotel liegt an der Marina, und wenn man auf dem Balkon steht, der direkt über dem Wasser schwebt, schaut man auf etliche Reihen Segelschiffe und die Brücke im Hintergrund.

Leider war die Auswahl an Restaurants etwas eingeschränkt, außerdem hatten wir auch keine große Lust, lange zu suchen, weshalb wir uns für einen Chinesen entschieden, dessen Parkplatz ziemlich voll war – es erschien uns als gutes Zeichen. Weil wir hungrig waren, bestellten wir ein Menü für zwei Personen und wurden schier erschlagen von einer Fülle von Gerichten: Süß-sauer-Suppe, Frühlingsrollen und gegartes Schweinefleisch waren nur die Vorspeisen, danach folgten noch Shrimps, slippery chicken und Hühnchen mit Mandeln. Natürlich gab es auch noch jede Menge Reis dazu – es hätte locker für vier Personen gereicht. Da unser Hotel in der Vorsaison kein Frühstück anbietet, wird es wohl am Morgen die Reste geben …

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Mark G. & Pi Jay in La-La-Land 2015 von Pi Jay. Setze ein Lesezeichen zum Permalink.

Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.