Breaking Bad

Seit einiger Zeit tauchen immer wieder Artikel in den Medien auf, die den miserablen Zustand des deutschen Fernsehens beklagen und im selben Atemzug gerne aufs Ausland verweisen. Auch im Forum ging es ein paar Mal um deutsches TV, das so schlecht ist, dass man es nicht mehr anschauen mag. Und es stimmt: Ich habe seit Jahren keine deutsche Serie mehr gesehen, eine der letzten war Türkisch für Anfänger, die für hiesige Verhältnisse pfiffige Dialoge hatte, aber leider unter einigen sehr schlechten Schauspielern litt und ab der zweiten Staffel zu sehr in Klischees und Klamauk versank. Immerhin war der Kinofilm recht erfolgreich, und vielleicht schaue ich ihn mir demnächst mal an.

Das Ganze ist ein weites Feld, und obwohl unsere Webseite InsideKino heißt, soll es heute ums Fernsehen gehen, schließlich zeigt nicht nur das Beispiel von Türkisch für Anfänger, dass beide Medien sich gegenseitig befruchten, Fakt ist auch, dass ohne das deutsche Fernsehen kein deutsches Kino möglich wäre. Aber das ist eine andere Geschichte…

Vorgestern startete in den USA die zweite Hälfte der fünften und letzten Staffel von Breaking Bad, die viele Medienjournalisten für eine der besten Serien aller Zeiten halten (die Einschaltquoten waren übrigens doppelt so hoch wie am Anfang der Staffel). Auf AXN wird gerade die erste Hälfte gezeigt, und ich muss sagen, dass sie mir besser als die vierte Staffel gefällt. Ich bin bei dieser Serie immer etwas zwiegespalten, zum einen hat sie tolle Charaktere, die hervorragend gespielt werden, und wunderbare Einfälle, zum anderen ist sie streckenweise so langsam erzählt, dass man sie in doppelter Geschwindigkeit anschauen kann und sie immer noch nicht als besonders schnell empfindet. (Ja, ich hab’s ausprobiert.) Die Episode mit der Fliege war für mich sogar eine der schlechtesten Folgen aller Zeiten, auch wenn es vermutlich eine Anspielung auf das Beckett’sche Absurde Theater war, die ich Ignorant nur nicht zu würdigen weiß.

Für mich zählt Breaking Bad nicht zu besten Serien überhaupt, aber sie ist sehenswert. Weeds erzählt eine ähnliche Story, benutzt aber andere Erzählformen, die mir besser gefallen. Außerdem ist Mary-Louise Parker schlichtweg göttlich (und sieht in Unterwäsche auch viel besser aus als Bryan Cranston). Und Dexter hat eine ähnlich zerrissene Hauptfigur, die in kein einfaches Gut-Böse-Schema passt und gerade deshalb fasziniert.

Das Schöne ist, dass wir es uns aussuchen können, was wir anschauen. Und deutsche Serien gehören für mich einfach nicht dazu. Nicht weil ich denke, dass alles schlecht ist, was hierzulande gemacht wird, es sind die Geschichten, die mich nicht interessieren. Da wird zum Beispiel Ein Fall für Zwei eingestellt und groß verkündet, dass es nichts Vergleichbares an dessen Stelle geben wird, aber die Serie, die dem ZDF-Dauerbrenner folgen soll, liest sich wie eine exakte Kopie. Was soll das? Oder warum ist die erfolgreichste Serie eine Variante von Don Camillo und Peppone? Was sagt das über den deutschen Zuschauer aus? Oder über die Redakteure? Von den Neuauflagen von Pater Brown und Miss Marple mal ganz zu schweigen, auch wenn sie so nicht heißen. Und wenn dann ein ZDF-Grande verkündet, er könne sich durchaus eine deutsche Version von Breaking Bad vorstellen, nur als Mini-Serie mit zehn Folgen, braucht sich niemand mehr zu wundern, warum das hiesige Fernsehen seinen schlechten Ruf weghat.

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Pi Jays Corner von Pi Jay. Setze ein Lesezeichen zum Permalink.

Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.