Vergangene Woche habe ich meinen neuen Reisepass abgeholt. Diesmal kam ich nicht umhin, mir einen fälschungssicheren zu besorgen, und dass bei uns nur der Daumenabdruck gespeichert wird, ist schon beinahe wieder beruhigend, wenn man überlegt, dass bei der Einreise in die USA sämtliche Fingerabdrücke verlangt werden. Vermutlich wollen sie demnächst noch einen Abdruck der Ohrmuschel, die ja auch bei jedem Menschen unterschiedlich ausfällt.
Allerdings frage ich mich, warum die Fotos im Pass sich so stark vom Original unterscheiden. Selbst wenn man ein einigermaßen gutes Bild von sich eingereicht hat, auf dem man trotz fehlenden Lächelns nicht gemeingefährlich ausschaut, im Dokument sieht es dann immer aus wie aus der Verbrecherkartei der Polizei. Mark G. könnte auf seinem Foto glatt als Serienmörder durchgehen, ich dagegen sehe aus, als hätte man mich am Computer animiert – und dabei ein falsches Ohr angeklebt. Und damit muss ich jetzt zehn Jahre lang verreisen.
Bevor es in einigen Wochen endlich wieder in die USA geht, verreise ich im Moment nur im Kinosaal bzw. vor dem heimischen Bildschirm. Unter anderem ging es nach Argentinien.
Wild Tales
Sechs argentinische Kurzfilme wurden zu einer Kompilation zusammengestellt und erzählen völlig unterschiedliche Geschichten: Im ersten Film geht es um eine ungewöhnliche Rache-Aktion. Auch der zweite hat mit Vergeltung zu tun, wenn eine Kellnerin den Mann töten will, der ihre Familie ins Unglück gestürzt hat. Nach einem tödlichen Duell zwischen Autofahrern geht es um einen modernen Michael Kohlhaas, dessen Leben aus den Fugen gerät, nachdem er falsch geparkt hat. Dann versucht eine Familie mit allen Mitteln, eines ihrer Mitglieder vor einer Verurteilung zu retten, und zuletzt muss eine Braut an ihrem Hochzeitstag eine bittere Wahrheit verkraften.
Allen Filmen gemeinsam ist, dass es um Menschen in Ausnahmesituation geht, die ihre Beherrschung verlieren und durchdrehen. In Argentinien zählt Wild Tales zu den erfolgreichsten Produktionen aller Zeiten – und man fragt sich, warum eigentlich. Naturgemäß können nicht alle Geschichten gleich gut sein. Mir haben die ersten drei recht gut gefallen, und auch die letzte war nicht schlecht. Bis auf den ersten – und mit Abstand kürzesten – Film kranken alle daran, dass sie viel zu langsam erzählt werden; man ahnt schon lange, worauf die Story hinausläuft, bevor der Film endlich zu seinem vermeintlich überraschenden Ende findet. Zudem kam mir die Synchronisation etwas unbeholfen vor, manche Dialoge klangen einfach furchtbar, als hätte man das Script durch ein Übersetzungsprogramm im Internet gejagt und dann hier und da ein paar Sätze geglättet.
Note: 3