UFOs, Dudelsäcke und Gesang

Manchmal hält der Alltag eine kleine Überraschung parat: Neulich habe ich ein UFO gesehen. Es war natürlich kein richtiges UFO (denke ich), aber immerhin ein unbekanntes Flugobjekt, bestand aus einer Reihe blinkender Lichter wie bei einem Flugzeug, nur dass es nicht flog, sondern in der Luft stand und sich dann ganz langsam wegbewegte. Vielleicht war es einer der Hubschrauber, die gerade wegen der erhöhten Waldbrandgefahr patrouillieren, aber es hörte sich nicht danach an, weil es überhaupt kein Geräusch machte. Also vielleicht doch ein UFO…

Heute habe ich im Garten gearbeitet, als ein Nachbar plötzlich anfing, Dudelsack zu spielen. Klaviermusik kommt häufiger vor, aber der Dudelsack ist neu. Vielleicht ist ein Schotte in die Nachbarschaft gezogen und wollte sich vorstellen, vielleicht hat auch jemand nur beschlossen, sich ein neues Hobby zuzulegen. Irgendwie hörte es sich sogar ganz nett an, auch wenn Amazing Grace ziemlich schief klang. Es gibt also diese kleinen Momente im Alltag, die einen überraschen, weil sie so irreal sind, weil etwas völlig Unerwartetes geschieht, und ein ähnliches Gefühl hat man in den ersten Minuten eines Musicals, wenn ein Schauspieler aus heiterem Himmel anfängt zu singen.

Wobei wir beim heutigen Thema wären, dem zweiten Platz in meiner vorläufigen Top Five Liste:

Les Misérables

Nach langen Jahren im Gefängnis für den Diebstahl eines Brotes wird Jean-Valjean (Hugh Jackman) entlassen, ist aber als Ex-Sträfling ein gesellschaftlich Geächteter. Die Güte eines Bischofs bringt ihn dazu, sein Leben radikal zu ändern, aber dazu muss er seine Vergangenheit verleugnen, womit er gegen das Gesetz verstößt. Fortan wird er von dem Polizisten Javert (Russell Crowe) gejagt…

Victor Hugos Geschichte wurde schon unzählige Male verfilmt, bevor sie zum Musical avancierte und überaus erfolgreich wurde. Nun transportiert Tom Hooper das Musical von der Bühne zurück auf die Leinwand und lässt – eine Besonderheit – die Akteure singen, während die Szene aufgenommen wird. Das verleiht dem Spiel eine besondere Authentizität, auch wenn es teilweise auf Kosten des Gesangs geht. Insgesamt kann man sich fragen, ob es nicht sinnvoller gewesen wäre, hier und da auf ein wenig Gesang zu verzichten und jene Passagen, die nur aus wenigen Zeilen bestehen, durch Dialog zu ersetzen, zumal die Macher sich auch sonst gelegentlich vom Bühnenstück gelöst haben. Nichtsdestotrotz ist ein äußerst spannendes, bewegendes und pathetisches Stück entstanden, das sicherlich zu den Highlights dieses Kinojahres gehören wird. Anne Hathaway ist in ihrer – leider sehr kleinen – Rolle als Fantine einfach umwerfend und hat den Oscar mehr als verdient. Zusammen mit Hugh Jackman trägt sie den Film. Überraschend auch, wie gut Eddie Redmayne bei Stimme ist, während Russell Crowes Gesang ebenso wuchtig und furchteinflößend ist wie seine Erscheinung…

Note: 2

 

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.