Anlässlich der Berlinale laufen im Augenblick sogar ganz gute Filme im TV-Programm. Zu Ehren des ehemaligen Ehrenbär-Preisträgers Alec Guinness kam vergangenes Wochenende ein besonderer Klassiker.
Adel verpflichtet
Louis (Dennis Price) ist der Spross einer nicht standesgemäßen Ehe zwischen der Tochter eines Herzogs und einem italienischen Opernsänger – im viktorianischen England der vorletzten Jahrhundertwende etwas Unverzeihliches. Als nach dem Tod der Mutter die adeligen Angehörigen eine Bestattung in der Familiengruft verweigern, beschließt Louis, einen nach dem anderen zu töten, um eines Tages selbst Herzog zu werden …
Der Film gilt als einer der ganz großen Klassiker der (schwarzen) Komödie, aber als ich ihn als Kind gesehen habe, fand ich ihn nur langweilig. Tatsächlich erschließt sich der feinsinnige Humor erst mit einer gewissen Lebenserfahrung, und auch die bitterböse Ironie des Endes ist an jugendliche Zuschauer eher verschwendet. Bei Wikipedia, der Quelle für Dies und Das und eigentlich Alles, las ich, dass der zugrundeliegende Roman keine Komödie war, was man der Struktur der Geschichte nach wie vor anmerkt. Interessant ist, dass der Film einen ambivalenten (Anti-) Helden in den Mittelpunkt stellt, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eher untypisch für Literatur oder Film. Leider ist Dennis Price nicht gerade ein charismatischer Schauspieler und bleibt in seiner Rolle ziemlich blass.
Die Geschichte beginnt mit ihrem Ende, wenn der Herzog kurz vor seiner Hinrichtung notiert, wie es ihn in die Todeszelle verschlagen hat. Louis kommentiert fortan so ausgiebig das Geschehen, seine Absichten und finsteren Pläne, dass es mitunter den Anschein hat, als lausche man eher der Hörspielfassung des Romans. Stellenweise klingt der altmodische Stil sehr amüsant, dann wieder nervt er ein wenig. Naturgemäß folgt in der Handlung Mord auf Mord, was einige Längen aufkommen lässt, zum Glück aber durch einen Nebenplot aufgelockert wird: Louis unterhält eine Affäre mit seiner verheirateten Jugendfreundin, welche ihm zum Schluss beinahe zum Verhängnis wird. In der amerikanischen Fassung wurde diese – aus moralischen Gründen – übrigens komplett gestrichen, wodurch der Film nicht nur wesentlich kürzer war, sondern, meiner Meinung nach, auch zu einiger Verwirrung bei den Zuschauern gesorgt haben muss, denn diese Affäre ist der Schlüssel zum Verständnis des Finales.
Der Clou, die überraschende, raffinierte Wende, am Schluss, sei hier nicht verraten – man hätte das Ganze sogar noch etwas weiter treiben können, aber auch so ist man als Zuschauer von der Boshaftigkeit der Figuren und ihren Intrigen sehr angetan und verzeiht so manche Länge. Was den Film allerdings wirklich berühmt gemacht hat, ist nicht so sehr seine Story, sondern die Tatsache, dass Alec Guinness hier gleich in acht verschiedenen Rollen zu sehen ist. Er verkörpert jedes einzelne Mitglied der Herzogsfamilie – und erinnert dabei manchmal an den snobistischen Earl in Der kleine Lord, den er gut zwanzig Jahre später verkörpert hat. Seine Spielfreude und Wandlungsfähigkeit ist bemerkenswert, nur als Frau ist er nicht wirklich überzeugend.
Note: 3