Rückblick 2014

Allgemein betrachtet, war 2014 geprägt von Krisen, Katastrophen und Kriegen, es gab den Ukraine-Konflikt, Ebola, Flugzeuge, die spurlos verschwanden, die Anschläge von Paris, und andere furchtbare Ereignisse, die eine Flucht in cineastische Traumwelten immer verlockender erscheinen ließen. Und wer wie ich vor Jahresfrist einen Blick auf das Programm geworfen und die mangelnde Qualität der Produktionen beklagt hatte, konnte sich in den letzten zwölf Monaten durchaus eines Besseren belehren lassen: 2014 war auf keinen Fall so schlecht, wie zu befürchten stand.

Leider habe ich immer noch nicht alle Filme gesehen, die mich interessiert haben, besonders einige Oscar-Kandidaten der vergangenen Saison wie All is Lost, Dallas Buyers Club oder Im August in Osage County fehlen mir noch. Ansonsten habe ich letztes Jahr lediglich zwei Filme verpasst, die ich gerne sehen wollte: Boyhood und Mr. Turner – Meister des Lichts.

Ich habe 44 Filme des letzten Jahres gesehen, was immer noch weniger als mein sonstiger Durchschnitt ist, aber es sind drei mehr als in 2013. Und für die meisten bin ich sogar ins Kino gegangen. Fünfzehn Filme haben die Note 2 bekommen, was geradezu rekordverdächtig ist, denn im Vorjahr waren es nur acht, und wie in 2013 gab es sogar einen Einser.

2015, die Branche wird es ja nicht müde zu betonen, wird sowieso alles noch viel besser. Letztes Jahr habe ich mich gefragt, ob das tent pole producing nicht dazu führen könnte, dass ein Kannibalisierungseffekt einsetzt und es den einen oder anderen veritablen Flop geben wird. Schließlich können die Zuschauer ihr sauer verdientes Geld auch nur einmal ausgeben, und manche Großproduktionen sind schlichtweg attraktiver als andere.

2014 hat es – zum Glück – keinen solchen Totalausfall gegeben. Guardians of the Galaxy hätte zum Beispiel so ein Flop werden können, schließlich kannte kaum einer die Vorlage, und der Trailer wirkte mit seinen schrägen Figuren ja auch ein wenig merkwürdig. Dass er zu einem Erfolg wurde, kam daher überrascht und bestärkt meine These, dass es in erster Linie auf eine runde Story und sympathische Charaktere ankommt, nicht so sehr auf Schauwerte, spektakuläre Effekte und bekannte Vorlagen.

Da haben es Fortsetzungen schon leichter an der Kinokasse, und es steht zu befürchten, dass es in Zukunft noch viel mehr von ihnen geben wird als bisher. Ständig werden neue Reihen kreiert, werden – der Kalender zeigt es ja bereits – die Claims immer frühzeitiger abgesteckt. Wenn Kevin Feige seine Marvel-Produktionen schon bis ins Jahr 2028 durchgeplant hat, wie unlängst behauptet wurde, ist das durchaus eine Kampfansage. Vermutlich gehen die Studios bald dazu über, die Schauspieler für ihre lange im Voraus geplanten Spektakel eigens heranzuzüchten …

Eine Katastrophe ist der Sequel-Wahn allerdings vor allem für die Mittelware, wenn die Zuschauer um die immer zahlreicher werdenden Zeltstangen-Filme herumtanzen wie um das goldene Kalb und alles andere links liegen lassen. Bei der Flut von Filmen, die jedes Jahr auf den Markt drängt, ist ein quantitativer Rückgang sicherlich nicht per se von Schaden, aber das geht halt immer auch zu Lasten der Vielfalt und Originalität.

Was war sonst noch bemerkenswert im Filmjahr 2014? Der Aufreger des Jahres war vermutlich The Interview, der gezeigt hat, dass selbst Filme, die sonst nicht weiter aufgefallen wären, in den Mittelpunkt des Weltinteresses und der internationalen Politik gelangen können, wenn sie einen brisanten Kern haben. Der nordkoreanische Diktator droht mittlerweile pauschal jedem, der in Verdacht steht, den Film zu zeigen, sogar der Berlinale, obwohl er dort gar nicht im Programm ist. Man stelle sich vor, was passieren würde, wenn es in der Geschichte um Putin oder eine muslimische Galionsfigur gegangen wäre.

Meine persönliche Top Ten folgt dann morgen an dieser Stelle im zweiten Teil des Jahresrückblicks.

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.