Nicht nur die Sünden der Vergangenheit holen uns manchmal ein, sondern auch die Geistesblitze und Geniestreiche. 1966 hatte die Bahn, die damals noch Bundesbahn hieß und ein rein staatliches Unternehmen war, einen tollen Slogan: „Alle reden vom Wetter. Wir nicht.“ Wenn heute wieder einmal die Klimaanlage in einem Zug ausfällt oder nasses Laub im Herbst für Verspätungen sorgt oder im Winter die Weichen einfrieren, zitieren die älteren Fahrgäste gerne die Werbung von gestern. Früher war eben alles besser, sehr wahrscheinlich auch das Wetter.
Da wir bei Sonnenschein alle gut gelaunt sind und die Dinge positiver sehen, kann ich heute sagen: Ich habe ein modernes Abenteuer erlebt. Ich bin mit der Bahn gefahren. Und habe sogar eines gelernt: Das Sprichwort „pünktlich wie die Bundesbahn“ hat es auch nicht ins 21. Jahrhundert geschafft. In Frankfurt ging nämlich nichts mehr. Jeder zweite Zug hatte massive Verspätung, und die Ausreden variierten dabei von Ansage zu Ansage: „ein technischer Defekt“ hat den Zug lahmgelegt, „eine Störung in der Oberleitung“ ist schuld und ein richtiger Downer war: „ein Notarzteinsatz an den Schienen“, gefolgt von „Personen auf den Schienen“. Fehlte nur noch „mein Hund hat den Fahrplan gefressen“.
Immerhin hat der Schaffner, der heute Zugbegleiter heißt, uns später die ganze Geschichte erzählt: Es gab einen Brand zwischen Fulda und Frankfurt, weshalb die Oberleitungen abgeschaltet und die Züge umgeleitet werden mussten. Auf der Ausweichstrecke hat es dann einen Unfall mit Personenschaden gegeben, wodurch der Zug angehalten werden musste. Aber warum eine längere Wahrheit erzählen, wenn es eine abgekürzte Entschuldigung auch tut? Was diese lästigen Leute denken, die unverschämterweise mitfahren wollen, ist ja egal. Und weil es noch nicht genug Unannehmlichkeiten und Verspätungen gab, fuhr der Zug nicht einmal bis zur Endstation, sondern musste früher umgekehren, da er wieder „in Frankfurt gebraucht“ wurde. Dass er auch von den Leuten gebraucht wurde, die bereits im Zug saßen, spielte wohl keine Rolle. Dafür hat jeder eine kleine Tüte Gummibärchen bekommen.
Immerhin habe ich das Abenteuer Bahn (das wäre doch mal ein griffiger Slogan) heil überstanden und musste mich nur ein kleines bisschen hetzen, um nicht zu spät ins Kino zu kommen, um Brad Pitt bei seinem Abenteuer zuzuschauen…
World War Z
Es beginnt mit kleinen Meldungen in den Nachrichten, die in der Flut von Katastrophenberichten untergehen: Eine unheimliche Viruserkrankung, die an Tollwut erinnert, sucht die Menschen heim und verwandelt sie in aggressive Wesen, die mit einem Biss ihre Opfer in ihresgleichen verwandeln. Im einen Moment startet der ehemalige UN-Angestellte Gerry Lane (Bard Pitt) noch vergnügt in den neuen Tag, im nächsten werden er und seine Familie von Zombies gejagt. In letzter Minute werden sie gerettet und auf einen Flugzeugträger im Atlantik gebracht. Dort dürfen sie aber nur bleiben, wenn Gerry sich auf die Suche nach dem Ursprung der Krankheit macht…
Mit diesem Film sind die Zombies endgültig im Mainstream angelangt. Man kann sagen, es hat lange gedauert (von White Zombie im Jahr 1932), aber die Untoten haben sich tapfer durchgebissen. Es ist bereits viel über die Probleme beim Dreh geschrieben worden, die wohl allesamt darauf zurückzuführen waren, dass man mit der Arbeit angefangen hat, ohne ein in sich stimmiges Drehbuch zu haben. Als Drehbuchautor kann ich nur sagen: Keine gute Idee. Aber irgendwie ist es symptomatisch für das heutige Hollywood, das zu glauben scheint, dass ein Film nur so gut ist wie seine Marketingkampagne; wenn man nur viel Tamtam macht und ein paar tolle Bilder hat, ist der Inhalt egal.
Zum Glück waren die Produzenten von World War Z gewissenhafter und haben noch mal richtig viel Kohle investiert, um ihr Produkt zu verbessern, und das Resultat kann sich durchaus sehen lassen. Der Film ist temporeich und immer wieder verdammt spannend (auch wenn man nach den Actionszenen die Uhr stellen kann und man gelegentlich nicht viel sieht, weil alles viel zu schnell und viel zu nah ist). Brad Pitt ist ein sympathischer Held, nur seine Reisebegleitung möchte man nicht sein, denn die erreicht selten ihr Ziel, Erfreulich ist, dass sich die Amerikaner mit ihrem Patriotismus zurückhalten, was vielleicht daran liegt, dass mit Marc Forster ein Europäer Regie führt (der hoffentlich als nächstes mal wieder einen hübschen Arthouse-Film à la Wenn Träume fliegen lernen dreht).
Das einzige Manko ist, dass die Geschichte insgesamt ein wenig dürftig ausfällt. Im Grunde ist es eine Schnitzeljagd rund um den Globus, in der es nur am Rande etwas menschelt und für die Großen Fragen keine Zeit bleibt. Aber spannend ist es auf jeden Fall, und auf dem Heimweg kam mir die Idee: Warum sollte man nicht mal einen Film über Zombies im Zug machen? Mit einem heldenhafter Zugbegleiter (im Zweifelsfall gespielt von Bruce Willis) – das wäre doch tolle Werbung für die Bahn…
Note: 3+