Bevor ich – hoffentlich – nächste Woche dazu komme, meinen Jahresrückblick zu veröffentlichen, möchte ich zunächst noch einige Kritiken zu Filmen aus 2014 nachreichen. Der Film, um den es heute geht, hat gerade fünf Oscar-Nominierungen bekommen, und Hauptdarsteller Eddie Redmayne werden ganz gute Chancen eingeräumt, die begehrte Trophäe am Ende auch mit nach Hause zu nehmen. Die Rede ist natürlich von …
Die Entdeckung der Unendlichkeit
1963 steht der junge Physiker Stephen Hawking (Eddie Redmayne) kurz vor dem Beginn seiner Dissertation, als sich sein Leben innerhalb weniger Wochen dramatisch verändert. Zuerst lernt er die bezaubernde Jane (Felicity Jones) kennen und verliebt sich in sie, dann wird bei ihm eine unheilbare Nervenkrankheit diagnostiziert, an der er laut Meinung der Ärzte in zwei Jahren sterben wird. Doch Stephen und Jane nehmen den Kampf auf …
Eine kurze Geschichte der Zeit ist ein Bestseller von Hawking, in dem er über das Universum, seine Entstehung und die Zeit berichtet. Zeit ist auch das zentrale Thema des Films, denn sie ist unerbittlich und zerstörerisch. Sie rinnt uns wie Sand zwischen den Fingern. Darüber hinaus geht es auch um den Kampf gegen eine heimtückische Krankheit, die das Leben zu einer Herausforderung macht. Wenn Hawking die Fähigkeit zu laufen, essen und sprechen verliert, aber niemals aufgibt, der Geist ungebrochen, der Verstand schärfer denn je, dann ist das traurig und bewegend und bewunderungswürdig zugleich – und darüber hinaus atemberaubend intensiv von Eddie Redmayne dargestellt. Seine Leistung überstrahlt alles in diesem Film und macht ihn unvergesslich.
Es gibt einen (sehr hübschen) Pop-Song von Allo, Darlin‘ namens Dear Stephen Hawking, aus dem ich ein wenig über das Leben des weltberühmten Physikers erfahren habe, und der Film von James Marsh erzählt überraschenderweise nicht sehr viel mehr. Da er auf der Biografie von Jane Hawking beruht, ist es in erster Linie eine Geschichte ihrer Ehe, den romantischen Beginn, den Schicksalsschlag, der sie noch enger verbunden hat, die erkämpften Jahre, in denen Normalität – Kinder, ein Haus, ein gewöhnliches Leben – möglich ist, aber immer teuer erkauft werden muss. Alles wird in einem ruhigen, unaufgeregten Ton erzählt, es gibt keine Steigerungen, keine Leidenschaft, kein Drama. Als mit Jonathan (Charlie Cox) eine wertvolle Hilfe in ihr Leben tritt und Jane sich in ihn verliebt, erfolgt der Liebesverzicht so beiläufig, als wäre er eine Selbstverständlichkeit. Stephen Hawking überstrahlt dermaßen die Story, dass Jane mehr und mehr verblasst und zur Statistin im eigenen Leben wird. Selbst die Trennung verläuft schließlich so harmonisch wie die gesamte Ehe, vielleicht weil es die Krankheit schwierig macht, mit Hawking zu streiten, was aber letztlich dazu führt, Jane noch mehr zur Heiligen zu stilisieren.
Exzellent gespieltes, aber insgesamt viel zu brav inszeniertes Bio-Pic.
Note: 2