Der Wetterbericht hatte endlich einmal gute Nachrichten: Das Sturm- und Regentief ist abgezogen, in den nächsten Tagen soll die Sonne scheinen, und die Temperaturen liegen im unteren zweistelligen Bereich. Einfach perfekt. Entsprechend gut gelaunt starteten wir in den neuen Tag, der gleich mit einem Rätsel begann: Unser Gärtner tauchte nicht auf. Normalerweise würde ich anrufen und fragen, was los ist, aber ohne untermalende Gesten ist eine Verständigung hoffnungslos. Mal sehen, was er uns heute erzählen wird. Falls er auftaucht. Mit ihm zusammen sollte nämlich auch die Putzfrau kommen, die auf eine Mitfahrgelegenheit angewiesen ist. Nun ist es hier zwar nicht sehr dreckig, doch wäre es schön, wenn jemand den Müll mitnehmen könnte, denn die Tonnen stehen einige Kilometer entfernt, unten im Tal an der Straße.
Theoretisch hätten wir den Müll auch auf dem Weg zum Einkaufen mitnehmen können, aber irgendwie war ich davon ausgegangen, dass unser Gärtner einfach nur verschlafen hatte und später kommen würde. Andererseits vergisst man(n) so etwas gern. Scheidungsrichter wissen ein Lied davon zu singen. Apropos vergessen: Im Gemüseladen habe ich prompt vergessen, Sellerie zu kaufen, von dem ich immerhin noch wusste, dass er Sedano heißt. Also, zumindest theoretisch. In der Praxis sehen die Dinge bekanntlich immer etwas anders aus. Unsere Gemüsehändlerin lernt inzwischen Deutsch. Tomate, Paprika und Salat kann sie schon sagen, und hin und wieder versuchen wir, Zahlen in der Landessprache unseres Gegenübers auszusprechen – und lachen uns dann über unsere jeweils verhunzte Version kaputt. Auch eine Form der Völkerverständigung.
Bei der schönen Besitzerin des örtlichen Tante Emma-Ladens haben wir danach Schinken und Brötchen besorgt und für Erstaunen gesorgt, dass wir gleich zwanzig Chiabattini orderten, von denen je eines so groß ist wie bei uns zwei normale Brötchen. Aber wenn jeder Weg zum Laden rund zehn Autominuten dauert, nimmt man gerne ein bisschen mehr mit und friert etwas ein. In der Villa stehen zwei Gefriergeräte und zwei oder drei große Kühltruhen bereit. Falls es mal einen Vulkanausbruch oder ein Erdbeben geben sollte, wir sind gerüstet.
So ganz abwegig ist das übrigens nicht. Direkt gegenüber von unserem Berg befindet sich ein schlafender Vulkan, und L’Aquila, wo die Menschen seit dem letzten Beben vermutlich immer noch campen, wie Berlusconi es in seinem Fettnäpfchen formuliert hat, liegt auch quasi um die Ecke. Aber darüber denkt man am besten nicht weiter nach. Mich beschäftigt meine Erkältung sowieso mehr als ein potentielles Erdbeben. Der einzige Wertmutstropfen eines ansonsten wunderbaren Aufenthalts. Dafür hatten wir gestern einen Regenbogen und einen grandiosen Sonnenuntergang, das ist ja auch was.