Transsibirian

Bahnreisen war vergangenes Wochenende wohl nicht wirklich ein Vergnügen. Dabei fahre ich ganz gerne mit dem Zug: Es ist entspannend, man kann die vorbeiziehende Landschaft betrachten oder ein gutes Buch lesen. Und hin und wieder kommt man mit den Mitreisenden ins Gespräch und erfährt spannende Geschichten. Oder erlebt bizarre Dinge. Vor Jahren saß einmal ein blinder, möglicherweise obdachloser Amerikaner hinter mir, der beim Schwarzfahren erwischt wurde, daraufhin komplett ausrastete und seine Siebensachen durch die Gegend warf, bevor er von der Bundespolizei aus dem Zug getragen wurde.

Neulich habe ich einen interessanten Reisebericht gelesen, der von einer Fahrt im Al Andalus handelt, einem Luxuszug, der Anfang des 20. Jahrhunderts für die britische Königsfamilie gebaut wurde, um damit nach die Côte d’Azur zu fahren. Vor einiger Zeit wurde er restauriert und pendelt nun zwischen Sevilla und Madrid. Am liebsten würde ich gleich buchen – wenn der Preis nicht wäre …

Und dann gibt es natürlich noch die berühmten, ja, legendären Züge wie den Orient-Express oder die Transsibirische Eisenbahn, die es sogar zu filmischem Ruhm gebracht haben.

Transsiberian

Roy (Woody Harrelson) ist stark in seiner Kirchengemeinde engagiert und hat zusammen mit seiner Frau Jessie (Emily Mortimer), die eine wilde, bewegte Vergangenheit hat, an einer karikativen Missionsreise nach China teilgenommen. Den Rückweg treten die beiden in der transsibirischen Eisenbahn an, denn Roy liebt alles, was auf Schienen fährt. Im Zug lernen sie die Weltenbummler Abby (Kate Mara) und Carlos (Eduardo Noriega) kennen, die sich ein wenig verdächtig benehmen. Gleichzeitig ist der russische Drogenfahnder Grinko (Ben Kingsley) auf der Suche nach den Mördern eines Dealers, dem eine Menge Geld gestohlen wurde.

Jeder, der schon den einen oder anderen Thriller gesehen hat, kann sich denken, wie die Geschichte abläuft. Und tatsächlich wartet das Drehbuch nur mit wenigen überraschenden Einfällen und Wendungen auf. Zudem lässt es sich Zeit, bis überhaupt etwas passiert, und das ist leider das größte Problem. Trotz solider Charakterzeichnungen und guter Schauspieler will sich keine richtige Spannung einstellen, was sich erst in den letzten zwanzig Minuten während des Showdowns ändert. Dieser Thriller ist beileibe kein Schnellzug, landet aber auch nicht auf dem Abstellgleis.

Note: 3-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.