Trance

Es gibt Regisseure, denen man blind vertraut, dass sie einen guten, wenn nicht sogar sehr guten Film abliefern, egal welches Genre sie bedienen oder wie durchschnittlich die Story zunächst klingt. Ridley Scott gehört zu dieser kleinen Gruppe, Alfonso Cuarón und auch Danny Boyle. Seit zwanzig Jahren, genauer seit Kleine Morde unter Freunden, habe ich jeden seiner Kinofilme gesehen, die meisten davon auch auf der großen Leinwand. Und es gab keinen, den ich nicht gemocht hätte, sogar Lebe lieber ungewöhnlich hat mir noch ganz gut gefallen, auch wenn er nach Trainspotting eher enttäuschend ausfiel. Die einzige Ausnahme war Trance – Gefährliche Erinnerung, von dem ich nicht viel Gutes gehört und auf den ich im Kino verzichtet hatte. Dafür habe ich ihn vergangene Woche nachgeholt.

Trance – Gefährliche Erinnerung

Simon (James MacAvoy) arbeitet für ein Auktionshaus und wird in einen Kunstraub verwickelt. Heldenhaft versucht er, den Raub eines viele Millionen Euro teuren Gemäldes zu verhindern, wird dabei aber am Kopf verletzt. Kurz darauf stellt sich heraus, dass er zu der Gruppe von Kriminellen gehört und seine Komplizen offenbar um die Beute gebracht hat. Dummerweise kann er sich seit dem Schlag auf den Kopf nicht mehr daran erinnern, wo er sie versteckt hat. Deshalb beschließt der Bandenchef (Vincent Cassel), eine Hypnosetherapeutin (Rosario Dawson) zu engagieren …

Heist-Thriller laufen ja meist nach demselben Schema ab: Erst wird eine Gruppe zusammengestellt, dann lange geplant, dann der Coup durchgezogen, und meistens geht dabei einiges schief. Diesmal beginnt die Geschichte quasi nach dem Raub, der sich in den ersten Minuten vollzieht, und die Spannung resultiert aus der Frage, ob Simon sich an das Versteck der Beute erinnert oder nicht und ob er das Ganze überlebt, denn mit seinen Komplizen ist nicht zu spaßen. Die Drehbuchautoren Joe Ahearne und John Hodge haben sich auch jede Menge clevere Wendungen einfallen lassen, die immer wieder ein neues Licht auf das Gezeigte werfen, da es aber so viele Heist Movies gibt, kommt man ihnen mehr oder weniger schnell auf die Schliche und weiß recht früh ihre versteckten Hinweise zu entschlüsseln.

Leider gelingt es Danny Boyle diesmal nicht, die Geschichte mit seinem gewohnten Tempo zu erzählen, alles wirkt etwas hüftlahm und holperig. Außerdem haftet der Hypnose immer etwas Gestriges und Altbackenes an, und tatsächlich erinnert die Story bisweilen an Dr. Mabuse – nur sieht Rosario Dawson besser aus. Nach dem fulminanten und unterhaltsamen Start gerät der Erzählfluss zunehmend ins Stocken, um erst in den letzten Minuten wieder an Fahrt zu gewinnen und einige überraschende Kapriolen zu schlagen.

Bei weitem nicht Danny Boyles bester Film, aber auch keine komplette Katastrophe. Und wer schon immer mal Rosario Dawson vollkommen nackt sehen wollte, kommt garantiert auf seine Kosten …

Note: 4

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.