Vor ein paar Wochen habe ich mir noch einmal Drive angesehen, der mir damals im Kino außerordentlich gut gefallen hat. Im Vergleich zur OV und der großen Leinwand hat er ein klein wenig verloren, war aber immer noch ein richtig guter Film. Aus diesem Grund war ich neugierig, was Regisseur Nicholas Winding Refn als nächstes gedreht hat, noch dazu mit demselben Hauptdarsteller.
Only God forgives
Die beiden Brüder Billy (Tom Burke) und Julian (Ryan Gosling) betreiben in Bangkok einen Boxclub, hinter dem sich jedoch ein lukrativer Drogenhandel verbirgt. Als Billy eines Tages eine junge Prostituierte erschlägt, greift Polizeioffizier Chang (Vithaya Pansringarm) zu einem drastischen Mittel: Er bringt den trauernden Vater dazu, Billy zu töten, um ihn danach zu verstümmeln. Damit ruft er jedoch Billys Mutter (Kristin Scott Thomas) auf den Plan, die Julian unter Druck setzt, seinen Bruder zu rächen, und damit eine Spirale der Gewalt in Gang setzt, die viele Opfer fordert …
Nicholas Winding Refn wollte offenbar einen existenzialistischen Thriller mit der Verve eines Shakespeare-Stückes schreiben, zumindest kommt es einem so vor. Kristin Scott Thomas‘ Rolle wurde als Mischung aus Lady MacBeth und Donatella Versace angelegt, was eine ziemlich perfekte Beschreibung für ihre überaus verstörende Darbietung ist. Sie ist auch die faszinierendste und abstoßendste Person in der gesamten Geschichte und vermutlich das einzige, was einem in Erinnerung bleibt. Ganz besonders ihr Ende.
Für Shakespeare hat es leider nicht gereicht, was in erster Linie an einem erschreckenden Mangel an Dialogen liegt. Gosling hat im gesamten Film nur 17 Zeilen und zählt damit schon zu den geschwätzigsten Figuren. Chang singt mehr als zu reden, macht dieses Manko aber durch exzessive Ballerei wieder wett. Es wird verstümmelt und gemordet, was das Zeug hält, manchmal auf komisch-groteske Art, manchmal überaus elegant.
Die Story selbst ist auf archaische Weise simpel, was an und für sich kein Nachteil sein muss. Vielleicht verzichtet Drehbuchautor Refn auch deshalb weitgehend auf Dialoge, weil es im Grunde wenig zu sagen gibt, die Figuren folgen ihrer Konditionierung und ihrer Rolle in diesem Spiel, und dazu müssen sie nicht unbedingt miteinander reden. Deshalb reicht die Geschichte streng genommen auch nur für einen Kurzfilm von ca. 40 Minuten Länge, der Rest, ungefähr eine gute halbe weitere Stunde, besteht aus Karaoke und unmotivierten Gängen und dem Betrachten von Händen. Letzteres zählt zur eher subtilen Symbolik, die ansonsten recht plump umgesetzt wird. Immerhin: Die Kameraarbeit von Larry Smith ist exzellent, die Bilder sind verstörend und faszinierend. Daraus hätte man durchaus etwas machen können.
Note: 4