Da meine Kolumne einige Monate lang pausiert hat, ich in dieser Zeit aber natürlich einige Filme gesehen und auch Kritiken dazu verfasst habe, gibt es einiges aufzuarbeiten. Den Anfang macht nach Alles, was wir geben mussten eine weitere Literaturverfilmung. Als ich vor ca. einem Jahr hörte, dass eine Neuverfilmung geplant sei, hielt ich es zunächst für eine dumme Idee, aber der erste Trailer machte mich dann doch neugierig…
Der große Gatsby
Nick (Tobey Maguire) hat seinen Traum, Schriftsteller zu werden, zugunsten einer Karriere an der Wall Street aufgegeben. Dort ist in den 1920er Jahren das große Geld zu machen, aber er kommt nur mühsam voran. Aus einer alten, aber verarmten Familie stammend, zieht er in das bescheidene Gärtnerhaus neben dem riesigen Anwesen Jay Gatsbys (Leonardo DiCaprio), der allabendlich rauschende Partys gibt, aber selbst ein Phantom bleibt. Als Gatsby Nicks Freundschaft sucht, ist dieser fasziniert, doch Gatsby verfolgt nur einen Plan: Er will Nicks Cousine Daisy (Carrey Mulligan) zurückgewinnen, die große Liebe seines Lebens…
F. Scott Fitzgeralds Roman von 1925 gilt als eines der bedeutendsten Werke des 20. Jahrhundert und wurde entsprechend schon mehrmals verfilmt. Baz Luhrmanns fünfte Interpretation setzt vor allem in puncto Inszenierung, Ausstattung und Kostüme neue Maßstäbe, denn die Leinwand explodiert geradezu in einem Farb- und Formenrausch, der den Stil der Goldenen Zwanziger aufgreift und mit den gestalterischen Mitteln der Gegenwart eine gelungene Symbiose eingeht. Vieles, was in seinen Einzelteilen nicht zusammenpasst, fügt sich in der Summe erstaunlich harmonisch zusammen.
Neben dem Regisseur läuft auch Leonardo DiCaprio erneut zur Höchstform auf, sein Gatsby strotzt nur so vor Arroganz und fiebriger Energie, überrascht aber immer wieder mit Melancholie, Einsamkeit und stiller Verzweiflung. Und wahrscheinlich wird er bei den Oscars wieder einmal übergangen. So gut er allerdings auch ist, dem Film fehlt es insgesamt an echter Leidenschaft, an Subtilität und – Herz. Da Gatsby eine höchst widersprüchliche Figur ist, die gleichzeitig anziehend und abstoßend wirkt und deren dunkle Seiten von Luhrmann kaum angedeutet werden, bleibt nur Nick als Identifikationsfigur, aber auch ihm kommt man nicht wirklich nahe.
Nach einer äußerst gelungenen ersten Hälfte, schleichen sich in der zweiten einige Längen ein, die Liebesgeschichte kommt nicht recht in Schwung, und das melodramatische Ende wirkt ein wenig abgehackt. Dennoch erinnert man sich gern an den Film und seine fantastischen Bilder.
Note: 3+