The Raid 2

Nach welchen Kriterien wählen wir die Filme aus, die wir uns im Kino ansehen? Bei mir ist es im Idealfall ein Film, dessen Trailer mich so sehr überzeugt hat, dass ich ihn unbedingt auf der großen Leinwand sehen will. Manchmal mag ich auch einfach nur die Darsteller oder den Regisseur und bin gespannt, wie sie ihre Rollen angelegt haben oder die Geschichte erzählen. Hin und wieder ist es ein relevantes, aktuelles Thema, das mein Interesse weckt, oder einfach nur die Kameraarbeit beziehungsweise der Einsatz von Spezialeffekten, die später im Fernsehen einfach nicht dieselbe Wucht entfalten. Und gelegentlich lasse ich mich von anderen überreden …

The Raid 2

Polizist Rama (Iko Uwais) erhält einen neuen Auftrag: Er soll in einem Undercover-Einsatz eine Verbrecherorganisation in Jakarta infiltrieren und deren Verbindungen zu den Spitzen der Polizei und der Politik offenlegen, um die Korruption zu bekämpfen. Was nur wenige Monate dauern sollte, wird zu einem jahrelangen Kampf …

Auch wenn es oft nicht den Anschein hat: Ich mag durchaus Action- und Kampfsportfilme. Vorausgesetzt, sie erzählen eine gute Geschichte, mag ich grundsätzlich alle Arten von Filmen. Leider bin ich kein großer Fan der asiatischen Dramaturgie, die sich doch sehr von der westlichen unterscheidet und wenig Wert auf innere Logik legt. Eine Unart, die zunehmend von Produzenten in Hollywood und Europa, ganz besonders Frankreich, übernommen wird, aber das ist eine ganz andere Geschichte.

The Raid hat 2011 weltweit für Aufsehen unter den Martial Arts-Fans gesorgt und brillierte mit einer knackigen Geschichte und spannenden Kampfszenen. Kein Wunder, dass nun ein zweiter Teil folgte, wieder geschrieben und inszeniert von Gareth Evans. Die gute Nachricht ist: Mit einem großzügigen Budget ausgestattet, wurden die Kampfszenen noch spektakulärer und abwechslungsreicher, es gibt eine veritable Auto-Verfolgungsjagd und jede Menge Schauwerte. Die Kameraarbeit, der Schnitt, der Sound und auch die Musik sind exzellent. Was man von der Story leider nicht sagen kann.

Evans ist ein guter Regisseur, aber ein unglaublich schlechter Drehbuchautor. Die Einführung der Figuren erfolgt so schlampig, dass man sich selbst kurz vor Schluss noch fragt, wer wer ist und welche Funktion er in der Geschichte hat. Hinzu kommt, dass westliche Ohren nicht unbedingt an die asiatischen Namen gewohnt sind und etwas länger brauchen, bis sie einer Person zugeordnet werden können. Etwas länger bedeutete in meinem Fall: eine halbe Stunde vor Ende des Films.

Von der ursprünglichen Story, ein Undercover-Einsatz gegen korrupte Polizisten und Politiker, verabschiedet sich der Film schon relativ bald. Stattdessen erzählt er die wenig originelle Geschichte eines Vater-Sohn-Konflikts im organisierten Verbrechen, ein bisschen Scorsese, ein bisschen Donnie Brasco. Durch den Perspektivwechsel geht auch die Hauptfigur für eine ganze Weile verloren  bzw. spielt nur noch eine untergeordnete Rolle.

Trotz einiger spektakulärer Actionsequenzen, leidet die erste Hälfte des Films unter etlichen Längen (die beinahe dazu geführt hätten, dass ich eingeschlafen wäre), die allerdings in der zweiten Hälfte wieder wettgemacht werden. Man versteht zwar nicht immer, wer gerade aus welchem Grund von wem verprügelt wird, aber es sieht gut aus, und Logik ist in diesen Filmen vermutlich ohnehin überflüssig. Für meinen Geschmack waren diese Szenen zum Ende hin etwas zu brutal, auch hätte ich mir ein klitzekleines bisschen Selbstironie und weniger verachtenden Zynismus gewünscht. Und eine richtige Story wäre auch nicht schlecht gewesen …

Note: 4-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.