Normalerweise versuche ich, mir die erfolgreichsten und interessantesten deutschen Produktionen im Kino anzusehen, aber bei diesem Film hatte ich einfach keine Lust. Vor Jahren, als die ARD-Vorabend-Serie Türkisch für Anfänger startete, war sie für mich eine Überraschung. Durch die guten Kritiken neugierig geworden, schaute ich mir die erste Staffel an und war überrascht von den pfiffigen Dialogen und skurrilen Charakteren, die man sonst eher selten im deutschen TV-Müll findet. Es war, man muss es einmal deutlich sagen, eine Sitcom, die tatsächlich funktionierte, frisch, frech und ein bisschen schräg – richtig nett eben.
Zugegeben, einige Schauspieler waren schlecht, und manchmal konnte man förmlich das Papier rascheln hören, aber das war egal, ebenso wie die Tatsache, dass es vor Stereotypen und Klischees nur so wimmelte. Interessant war auch das Sujet der deutsch-türkischen Familien-Fusion, das wie eine Multi-Kulti-Variante von Ich heirate eine Familie wirkte, weil es die deutsche Wirklichkeit komödiantisch auf den Punkt brachte und sämtliche Vorurteile auf die Schippe nahm. Leider verlor sich der Charme rasch wieder, und die weiteren, deutlich schwächeren Staffeln konnten nicht an die erste anknüpfen.
Erstaunlich genug, dass es dem Autor Bora Dagtekin gelang, die Serien-Idee einige Jahre später als Kinostoff zu recyceln. Dass er damit einen riesigen Hit landen würde, war dann beinahe eine Sensation, denn die Serie erreichte bei der ARD nie die Quoten, die man sich erhofft hatte. Leider habe ich den Film bei seiner ersten TV-Ausstrahlung wieder verpasst, aber wenn man sich beim Fernsehen auf etwas verlassen kann, dann sicherlich auf die vielen Wiederholungen.
Türkisch für Anfänger
Die 19jährige, eher bürgerlich-konservative Lena (Josefine Preuß) leidet unter ihrer flippigen Mutter Doris (Anna Stieblich). Der unorganisierte, leichtlebige Cem (Elyas M’Barek), der davon träumt, ein berühmter Rapper zu werden, schlägt sich mit seinem Vater Mehtin (Adnan Maral) herum, der als Polizist deutscher als deutsch ist, und unterdrückt seine sehr traditionell eingestellte Schwester Yagmur (Pegah Ferydoni). Der Zufall will es, dass alle sich an Bord eines Fliegers nach Thailand treffen – und auf Anhieb herzlich unsympathisch finden. Unterwegs kommt es zu heftigen Turbulenzen und einem Flugzeugabsturz, den glücklicherweise alle Passagiere überleben. Während die Eltern gerettet werden, landet das Jungvolk, zu dem auch Costa (Arnel Taci) gehört, auf einer einsamen Insel.
Alles auf Anfang. Während die Serie mit der Heirat von Doris und Mehtin und dem Zusammenziehen der beiden Familien begann, werden hier die Karten noch einmal neu gemischt – allerdings mit demselben Ergebnis. Erneut geht es um die unterschiedlichen und gegensätzlichen Charaktere, Temperamente und kulturellen Unterschiede, um Vorurteile, die überwunden werden, um widerspenstige Frauen, die gezähmt, und Machos, die zivilisiert werden müssen. Das alles ist nicht neu, strotzt wie in der Serie nur so von Klischees, besitzt aber dennoch genug Charme, um einen von Anfang an für die Figuren einzunehmen. Yagmur und Costa kommen zwar ein wenig zu kurz, setzen aber deutliche Akzente. Im Mittelpunkt stehen vor allem Josefine Preuß und Elyas M’Barek, die einmal mehr beweisen, wie gut sie ihre Rollen beherrschen. Beide sind sehr gute Komiker, die über ihre Mimik manchmal mehr aussagen als über die bisweilen zu geschwätzigen Dialoge.
Nicht jeder Gag zündet, nicht alle Witze sind wirklich lustig, und der im Übermaß eingesetzte Off-Kommentar Lenas nervt mit der Zeit. In erster Linie überzeugen jedoch die Figuren und die gelungenen Dialoge, die Story selbst tritt in der zweiten Hälfte jedoch deutlich auf der Stelle, um zum Ende hin einige (vollkommen überflüssige) Kapriolen zu schlagen, die man sich auch für eine Fortsetzung hätte aufsparen können.
Alles in allem ein ganz netter Spaß.
Note: 3