Trau keinem Anderson, lautet die einhellige Meinung aller InsideKino-Mitarbeiter. Gemeint sich damit die drei Andersons, die in schöner Regelmäßigkeit Filme auf den Markt werfen, von denen zumindest einige auch recht erfolgreich sind. So unterschiedlich sie in Inhalt und Umsetzung auch sein mögen, eines haben sie alle gemeinsam: Sie sind enttäuschend, manchmal sogar richtig schlecht. Paul W.S. Anderson (Pompeii) ist ein nicht ungeschickter Handwerker, der allerdings einen Hang zu schlechten Drehbüchern hat, seine Arthouse-Kollegen Paul Thomas und Wes, zuletzt mit The Master bzw. Grand Budapest Hotel präsent, machen Filme, die grundsätzlich nicht uninteressant sind oder zumindest eine ungewöhnliche Ästhetik besitzen, doch lässt man sich auf sie ein, entpuppen sie sich als langweilig oder als künstlerische Nullnummer.
Wenn es um Kunst im Allgemeinen und Filme im Besonderen geht, kommt es häufig zu gegensätzlichen Meinungen. Neulich habe ich in einem Artikel sogar gelesen, dass der amerikanische Independentfilm tot sei, was vielleicht etwas übertrieben ist. Nimmt man andererseits den US-Arthousefilm ganz allgemein, lässt sich zumindest ein gewisser Niedergang nicht verleugnen. Wenn ich mir viele jüngere „Perlen der Filmkunst“ so ansehe, sei es Grand Budapest Hotel, The Master, There Will Be Blood, Nebraska, The Descendants, Silver Linings oder American Hustle, stelle ich fest, dass ich keinen einzigen davon mochte, obwohl viele über gute, sogar herausragende Grundideen verfügten, und sie allesamt für maßlos überschätzt halte. Neben den Arthouse-Andersons zählen vor allem David O. Russell und Alexander Payne zu jenen Regisseuren, deren Filmen eine künstlerische Qualität angedichtet wird, die ich absolut nicht nachvollziehen kann. Bestenfalls kann man die agierenden Schauspieler loben, aber Drehbuch und Regie sind in der Regel höchstens Mittelmaß. Alejandro Gonzáles Inárritu und Francois Ozon würde ich ebenfalls in diese Schublade der überschätztesten Regisseure stecken. Aber wie Karl Kraus einmal so treffend sagte: „Wenn die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen auch Zwerge lange Schatten.“
Passend zu diesen kontroversen Gedanken gibt es die Kritik zu:
American Hustle
Irving Rosenfeld (Christian Bale) und seine Geliebte Sydney Prosser (Amy Adams) sind zwei Trickbetrüger, die verzweifelten Menschen ihre letzten Ersparnisse abnehmen, indem sie ihnen vorgaukeln, sie würden ihnen einen Kredit vermitteln. Eines Tages werden sie von FBI-Agent Richie DiMaso (Bradley Cooper) geschnappt, der ihnen jedoch Straffreiheit verspricht, wenn sie mit ihm zusammen den Bürgermeister Carmine Polito (Jeremy Renner) der Korruption überführen. Das ist leichter gesagt als getan, denn um einen großen Fisch zu fangen, braucht man einen fetten Köder. DiMaso setzt daraufhin seinen Boss unter Druck, um möglichst viele Mittel für diese Operation zu bekommen, so dass der Coup schon bald immer größere Kreise zieht, bis am Ende sogar die Mafia Interesse bekundet…
Die Story basiert auf einem wahren Fall aus den Siebzigern, und David O. Russell gelingt es, dieses Jahrzehnt mitsamt seiner schrägen Mode und merkwürdigen Gewohnheiten kongenial abzulichten. Der Look ist gut, die Musik stimmt auch, und die Darstellerriege gibt ihr Bestes. Doch all das ist leider nicht genug. Die beiden Trickbetrüger sind wenig sympathisch, ihr weiteres Schicksal ist einem daher weitgehend egal, allein die Tatsache, dass DiMaso noch schleimiger und unsympathischer ist, wertet sie ein wenig auf. Ihre Methoden wirken wenig elegant, sondern eher plump und simpel, das alles hat man in anderen Filmen schon weitaus besser gesehen. Sogar Tricks und Brothers Bloom, bei weitem keine guten Filme, waren in dieser Hinsicht raffinierter. Und an Der Clou reicht ohnehin keiner davon heran. Und allen Bemühungen zum Trotz ist es zudem eine der unlustigsten Komödien der letzten Jahre.
Typisch für Russell sind endlos lange Szenen, in denen die Dialoge mäandern wie breite Flüsse in einem ausgetrockneten Tal. Das meiste versickert völlig wirkungslos, es wimmelt nur so von Belanglosigkeiten und Banalitäten. Vielleicht soll das authentisch wirken (mal ganz ehrlich: Wenn ich authentische Dialoge hören will, höre ich den Leuten im Bus oder an der Supermarktkasse zu), es ist vor allem nur eines: unendlich langweilig und bemüht. Nach einer Viertelstunde wollte ich das Kino bereits verlassen, war aber viel zu müde, mich aus dem Sessel zu wuchten, konnte aber wegen des Dauergequassels nicht einschlafen.
In der Kunst des Drehbuchsschreibens galten früher Off-Kommentare als ganz schlechter Stil. Hin und wieder kann man sich dieses Mittels bedienen, um eine Besonderheit herauszustreichen oder einen wichtigen Kommentar abzugeben, aber man sollte sparsam damit umgehen. In letzter Zeit gibt es jedoch immer mehr Filme, die massiv Off-Kommentare einsetzen, und American Hustle ist leider keine Ausnahme. Wie in einem Roman erklären die Figuren hier, was sie an einander mögen, was nicht nur unnötig, sondern geradezu ärgerlich ist. Anscheinend ist Russell ohne dieses Hilfsmittel nicht in der Lage, die Emotionen seiner Figuren zu verdeutlichen. Für einen Regisseur ein Armutszeugnis.
Immerhin gewinnt der Film im letzten Drittel doch noch ein wenig an Fahrt, auch wenn das viel gelobte „überraschende“ Ende alles andere als überraschend ist, weil Rosenfeld es bereits zu Beginn angekündigt hat. Ging vielleicht im allgemeinen Gelaber unter. Zu Leben erwachte der Film im Grunde nur, wenn Jennifer Lawrence die Szene betritt. Rosalyn Rosenfeld ist der vielleicht beste Charakter in einem Film von Russell, nicht liebenswert, aber originell und tiefgründig und von einer Skurrilität, die eines Charles Dickens würdig wäre. Und Robert De Niro hat ein wunderbares Cameo.
Das alles konnte mich nicht mit dem Film versöhnen, machte ihn aber letzten Endes doch ganz erträglich. Daher…
Note: 4