The Americans

Auch wenn es draußen langsam Frühling wird, weltpolitisch scheint ja gerade ein neuer Winter der Diplomatie anzubrechen. Ein neuer Kalter Krieg zwischen dem Westen und Russland droht. Für Hollywood hat das immerhin den Vorteil, dass man wieder ein klares Feindbild zur Verfügung hat, das zusätzlich noch über einen gewissen Retro-Charme verfügt. Schließlich sind die Achtziger gerade wieder schwer angesagt…

Da passt es ins Bild, dass vergangenen Herbst in den USA eine Serie anlief, die The Americans heißt und vom Kalten Krieg erzählt. Genauer gesagt geht es um zwei russische Spione (Matthew Rhys und Keri Russell), die in Washington ein harmloses Reisebüro betreiben, heimlich aber die amerikanische Regierung ausspionieren. Zwei perfekt als US-Bürger getarnte Agenten, inklusive zweier ahnungsloser Kinder, einem kleinen Häuschen in einem spießigen Vorort – und einem CIA-Agenten (Noah Emmerich) als Nachbarn…

Die Marketingstrategen behaupteten, die Serie sei für die Achtziger das, was Mad Men für die Sechziger ist. Wer die letzte Dekade des Kalten Krieges als bieder-langweiliges Jahrzehnt in Beige in Erinnerung hat, wird sich darin vielleicht sogar bestätigt fühlen.

Dabei könnte alles so spannend sein: Die beiden Spione müssen heikle Missionen erfüllen, etwa eine Wanze im Privathaus eines Ministers anbringen, ihr Nachbar kommt ihnen unwissentlich immer näher, ein Maulwurf in der sowjetischen Botschaft unterminiert ihre Arbeit, und eine neue, ziemlich perfide Verbindungsfrau (die wie immer großartige Margo Martindale) macht ihnen das Leben schwer. Außerdem kriselt es in ihrer Ehe, was wunder,  wenn diese vom Geheimdienst arrangiert wurde.

Leider kommt die Geschichte nicht so richtig in Fahrt. Das Tempo ist schleppend, die Ehekrise schwelt nur, braucht aber viel zu lange (und mit viel zu vielen, im Grunde überflüssigen Rückblenden) bis zu einer kleinen Eruption, und auch sonst ist alles eher behäbig inszeniert. Vor allem mangelt es an Humor und – viel wichtiger – an wirklich liebenswerten oder zumindest interessanten Charakteren wie in Mad Men. Die Russen mögen zwar ebenfalls ihre Kinder lieben, sind aber leider genauso langweilig wie ihre amerikanischen Nachbarn…

Die erste Staffel lief gerade auf Pro7Maxx, die zweite ist in den USA bereits genehmigt, aber auf sie kann ich gut verzichten.

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.