Cap 2

Mit Superhelden habe ich normalerweise nicht viel am Hut. Zwar habe ich die meisten der neuen Verfilmungen gesehen, allerdings nicht alle im Kino und wenn, dann hauptsächlich wegen der Effektorgien, die auf der großen Leinwand eindrucksvoller sind als auf dem Bildschirm. Natürlich hat man Lieblinge, und zu meinen gehören eher die Underdogs, die schon mal ordentlich Prügel kassieren oder mit denen man sich auf andere Weise identifizieren kann. Spider-Man zum Beispiel oder die X-Men, klassische Außenseiter. In seinem ersten Teil gehörte auch Captain America dazu, obwohl ihm schon per definitionem etwas zu Patriotisches und Klischeehaftes anhaftet. Zum Glück war der Film dann keine Propagandamaschine für den american way of life.

Inzwischen kamen die Avengers, Thor hatte sein zweites Abenteuer, und irgendwann ist auch Captain America wieder dran…

The Return of he First Avenger

Steve Rogers (Chris Evans) hat sich weitgehend an sein neues Leben im 21. Jahrhundert gewöhnt, sogar an seine Berühmtheit. Er findet in Sam Wilson (Anthony Mackie) einen neuen Freund, schwelgt bei einem Museumsbesuch ein wenig in Nostalgie und versucht, die vergangenen Jahrzehnte kulturell aufzuarbeiten. Zwischendurch geht er seiner Arbeit nach und rettet die Geiseln auf einem gekaperten Schiff. Doch dann taucht der rätselhafte Winter Soldier auf, auf Nick Fury (Samuel L. Jackson) wird ein Anschlag verübt, und plötzlich scheint nichts mehr zu sein wie es war…

Als Besetzungscoup kann man sicherlich Robert Redfords Rolle als Alexander Pierce bezeichnen, der im Weltsicherheitsrat die Interessen von S.h.i.e.l.d.  vertritt und dabei so einige Intrigen spinnt. So blüht das alte Genre des Verschwörungsthrillers noch einmal auf, wenn auch im Garten der Comicverfilmung. Wer warum gegen wen intrigiert und welche finsteren Pläne verfolgt, sei an dieser Stelle nicht verraten, aber den Autoren sind ein paar interessante Schachzüge eingefallen, inklusive einiger mehr oder weniger deutliche Hinweise auf die NSA-Affäre. Wieder einmal geht es um den Kampf für die Freiheit, die nur eine scheinbare ist, um Regierungsvertreter, die ihre Macht missbrauchen, und die Frage, was mehr wiegt: persönliche Freiheit oder Sicherheit? Ohne die Anschläge vom 11. September 2001 wäre dieser Film in dieser Form nicht möglich gewesen.

So raffiniert der politische Überbau ist, so simpel gestaltet sich der Rest. Die Rollen sind klar verteilt, hier gibt es die Bösen, dort die Guten, und man kann sie nur dann unterscheiden, wenn man abwartet, wer auf einen schießt. Bestechende Logik. Manche Klischees werden natürlich auch bedient, so ist der neue Freund natürlich ein Mann mit besonderen Fähigkeiten und bald ein Helfer und Verbündeter. „Traue niemandem“ ist der vielleicht am häufigsten gehörte Satz in einem Verschwörungsthriller, und so gibt es auch hier eine Menge Verrat und noch mehr Masken, hinter denen die Menschen ihr wahres Gesicht verbergen. Alte Bekannte tauchen auch auf, aber das überrascht ja niemanden.

Alles in allem ist die Fortsetzung so gut wie der erste Teil, vielleicht eine Spur intelligenter gemacht. Man hat das Gefühl, von den Fünfzigern sind die Macher nun erzähltechnisch in den Siebzigern angekommen, und das war ja keine schlechte Zeit für Thriller. Etwas mehr Humor hätte nicht geschadet und auch etwas mehr Action sowie eine Prise Romantik. Aber man muss sich ja noch was für den dritten Teil aufbewahren…

Note: 3

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.