RoboCop

Eigentlich war es ein entspannter Tag. Ich hab mir diese Woche frei gegeben und konnte tun und lassen, was ich wollte. Das klingt vielleicht jetzt nach Hängematte und Gin Tonic, sah aber leider so aus, dass ich einige Hausarbeiten erledigen musste, viel Zeit am Computer vertrödelt habe, um mich über Stevia (praktisch kalorienloser Zuckerersatz) und Chia Samen (wahnsinnig gesund) schlau zu machen, und danach Sport getrieben habe. Schließlich will man als „Schreibtischtäter“ (O-Ton meines Arztes) nicht gänzlich einrosten.

Vor dem Abendessen (selbstgemachte California Club Pizza) ging es aber noch ins Kino, um einen Film nachzuholen, auf den ich nicht wirklich scharf war, der aber bald vom Markt verschwindet. Und da der Chef eingeladen hat…

RoboCop

2028 sind Roboter in Diensten der USA weltweit im Einsatz, nur im Mutterland sind sie dank eines Gesetzes verboten. Firmenboss Sellars (Michael Keaton) will das ändern, indem er seinen Maschinen ein menschlicheres Gesicht gibt. Die Chance dazu erhält er, als der verdiente Detroiter Detective Alex Murphy (Joel Kinnaman) bei einer Explosion schwer verletzt wird und seine Frau (Abbie Cornish) zustimmt, das, was von seinem Körper noch übrig ist, mit einer Maschine zu kombinieren: Die Geburt von RoboCop. Um ihn besser als seine kybernetische Konkurrenz zu machen, muss sein Geist jedoch modifiziert werden – auf Kosten seiner Menschlichkeit. Der Erfinder Dr. Norton (Gary Oldman) hat deswegen Bedenken, doch Sellars denkt nur ans Geschäft…

Es dauert eine ganze Weile, bis das Setting des Films etabliert ist, und das geschieht mittels der propagandistischen TV-Sendung eines erzkonservativen Moderators, sehr schön gespielt von Samuel L. Jackson. Das Ganze erscheint als Parodie auf Fox News und ist stellenweise richtig schön bitterböse und zynisch. Im Nachhinein sollte sich das als der bessere Teil des Films erweisen…

Bislang habe ich das Original nicht gesehen (und mein Verlangen, dies nachzuholen, hält sich arg in Grenzen), aber der Kriminalfall, an dem Murphy mit seinem Partner arbeitet, erinnert stark an einen schlechten 80er Jahre-Thriller: Korrupte Cops, ein fieser Waffenhändler und ein Plot, den sogar ein Sechsjähriger durchschauen könnte. Dazu völlig linear, ohne auch nur die Andeutung von Verwicklungen oder Überraschungen und überdies ziemlich langweilig und behäbig inszeniert. Das einzig Positive, was man über diesen Teil der Handlung sagen kann, ist, dass sie kaum eine Rolle spielt.

Der zweite, komplexere Handlungsstrang handelt von Murphys Verwandlung in RoboCop, die sehr ausführlich geschildert wird. Leider gelingt es Regisseur José Padhilha, der vor allem Dokumentationen und die brasilianischen Blockbuster Elite Squad gedreht hat, nicht, dies interessant oder wenigstens rasant in Szene zu setzen. Wenn es gelegentlich zu einer Actionszene kommt, sorgt die Wackelkamera dafür, dass man nicht viel erkennt, was vermutlich über den Mangel an Tempo hinwegtäuschen soll. Darüber hinaus kommt auch die psychologische Komponente der Geschichte viel zu kurz, trotz viel versprechender Ansätze. Hier wurde sehr viel Potential verschenkt.

Andererseits wäre der müde und eindimensional spielende Hauptdarsteller vermutlich ohnehin nicht in der Lage gewesen, die Abgründe seines Charakters auszuloten, der mit existenziellen Fragen nach seinem Menschsein konfrontiert wird. Auch hier sind die Ansätze vorhanden, werden aber kaum weiter verfolgt. Das gilt auch für den faustischen Pakt, den Dr. Norton eingeht, wenngleich Gary Oldman seiner Figur wesentlich mehr Konturen verleiht. So ist er der einzige, halbwegs sympathische Mensch in diesem Trauerspiel.

Teilweise lustlos agierende Darsteller, eine überforderte Regie und ein mehr schlecht als recht zusammengestoppeltes Drehbuch – in Zukunft wird man sich wohl eher an das Original als an dieses schwache Remake erinnern. Immerhin kratzen die Macher an der Oberfläche eines spannenden Themas und präsentieren ganz gute Effekte, das ist wenig, aber immerhin etwas.

Note: 4-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.