Ich weiß nicht mehr, wie oft ich mir nun schon die Nacht um die Ohren geschlagen habe, um mir die Oscar-Verleihung anzusehen. Vielleicht ein Dutzend Mal? Früher gab es meistens eine kleine Party, aber irgendwie ließ die Stimmung im Laufe der Veranstaltung immer stark nach, und am Ende war die Hälfte der Gäste eingeschlafen…
Diesmal gab es nur ein paar Snacks, die um kurz vor vier Uhr leider verputzt waren, so dass ich eigentlich hätte ins Bett gehen können, aber das Beste kommt ja bekanntlich zum Schluss. Vorher wurde ein bisschen gelästert (vor allem über die Bühnendekoration, die illuminierten Oscars, die für mich von weitem wie Weihnachtsbäume aussahen, oder die halben Weinfässer), aber nicht so viel wie sonst, was immer ein Zeichen für eine eher langweilige Show ist.
Viel Platz für Spontaneität ist bei einer solchen Veranstaltung ja nicht, aber Ellen DeGeneres lässt es wenigstes so aussehen, als würde sie improvisieren. Und in manchen Momenten wirkte die festgefahrene, streng durchgetaktete Sendung wirklich ungekünstelt und spontan. Bei dem schrillen Gruppenfoto zum Beispiel, welches dann innerhalb von Sekunden weltweit durchs Netz ging und einen neuen Twitterrekord aufstellte, oder bei der Verteilung der Pizza.
Ach ja, Preise wurden auch verliehen, und dabei gab es leider keinerlei Überraschung. Sogar ich lag mit meiner Prognose weitgehend richtig oder war wenigstens nahe dran. Die einzige Überraschung war daher, dass American Hustle trotz Favoritenrolle und Vorschusslorbeeren leer ausging.
Die emotionalste Rede war die von Lupita Nyong’o. Wirklich lustig war leider keiner der Ausgezeichneten, wahrscheinlich waren zu wenige Briten darunter, aber die Let It Go-Komponisten waren noch recht launig. Sehr berührend war auch die Totenehrung, die mir viel länger vorkam als in früheren Jahren und einem viele, viele Erinnerungen bescherte. Und Bette Midler wiederzusehen, war ebenfalls schön. Wind Beneath My Wings ist zwar nicht gerade einer meiner Lieblingssongs, aber ich mochte immer Freundinnen, auch wenn er ziemlich rührselig ist.
Sehr gefreut habe ich mich über Alfonso Cuaróns Oscars, die ein bisschen wieder gutmachen, dass er für Children of Men so sträflich übergangen wurde. Und für den schönsten Versprecher („the wise guys from Warner Brothers…“) sollte er gleich noch einen Preis bekommen…
Ansonsten durfte man sich wieder über Pro7 ärgern, die zwei Mal zu spät zurück ins Kodak Theater geschaltet haben, und das mit dem Thema Heroes habe ich auch nicht so ganz kapiert, aber die vielen, zum Teil sehr alten Filmausschnitte waren nett. Manche Preisträger hätten sich stattdessen vermutlich mehr Redezeit gewünscht, dafür durfte Matthew McConaughey beinahe länger quatschen als alle anderen zusammen.
Gruselig wurde es zuerst mit dem Auftritt von Kim Novak, bei dem ich mich gefragt habe, ob es inzwischen möglich ist, Schönheitsoperationen selbst und zu Hause durchzuführen. Goldie Hawns neues Gesicht sah dagegen viel besser aus, aber wenn man nicht wusste, dass sie es sein sollte, hätte es auch sonst jemand sein können. Da hat sich Bette Midler (selber Jahrgang) viel besser gehalten.
Um sechs Uhr war es dann vorbei – viel früher als sonst. Woran wird man sich erinnern? An wenig, würde ich sagen. Es war eine Veranstaltungen ohne Überraschungen, und bei den meisten Auszeichnungen war ich sogar einer Meinung mit der Academy. Nur beim besten Film hätten sie mutiger sein dürfen. Aber das Thema Sklaverei ist für die USA, die erst spät mit ihrer Vergangenheitsbewältigung begonnen haben, nun einmal wichtig.