Vier Hochzeiten und ein Todesfall

Kinder, wie die Zeit vergeht! Zwanzig Jahre ist es her, seit Vier Hochzeiten und ein Todesfall das Licht der Leinwand erblickte. Ich kann mich noch gut daran erinnern, ihn damals im Kino gesehen zu haben, auch wenn sich meine Begeisterung etwas in Grenzen hielt (was aber auch für Pretty Woman galt). Es war der erste große, internationale Hit aus der Feder von Richard Curtis und der Beginn von Hugh Grants Karriere als Star. Seine Partnerin Andie MacDowell hingegen war bereits im Jahr zuvor mit Und täglich grüßt das Murmeltier zu einem Darling der Liebeskomödie aufgestiegen.

Die Neunziger waren die Glanzzeit der modernen Romantischen Komödie, von Pretty Woman über Und täglich grüßt das Murmeltier, Vier Hochzeiten und ein Todesfall und Tage wie dieser bis hin zu Besser geht’s nicht gab es eine Reihe origineller Liebeskomödien, die neue Wege beschritten oder an das alte, vergessene Genre der Screwball Comedy anknüpften. Daneben gab es noch enorm erfolgreiche Streifen wie Schlaflos in Seattle, Bodyguard, Während du schliefst, French Kiss, Forget Paris, Die Hochzeit meines besten Freundes oder Stadt der Engel, die teilweise auch erfrischend anders oder dank ihrer beliebten Darsteller sehr erfolgreich waren. Höhepunkt war dann 1999, das Jahr von Notting Hill (5,4 Mio. Besucher), Die Braut, die sich nicht traut (5 Mio.), E-Mail für Dich (3,5 Mio.), Shakespeare in Love (3,3 Mio.), Message in a Bottle (2,2 Mio.) und Eine wie Keine (2,2 Mio.). Über zwanzig Millionen Besucher nur in den RomComs des Jahres!

Heute ist dieses Genre dagegen praktisch tot. Die Lieblinge von früher – Meg Ryan, Andie MacDowell und Julia Roberts – wurden aus Altersgründen ausgemustert oder drehen heute andere Filme, und geeignete Nachfolgerinnen hat es seltsamerweise kaum gegeben. Katharine Heigl saß eine Weile auf dem Thron der Königin der Herzen, aber ihre Filme waren so schwach und schnell wieder vergessen, dass ihr Name mittlerweile beinahe zum Synonym für schlechte RomComs verkommen ist.

Wenn also keine frischen Ideen nachkommen, muss man sich eben die Klassiker von früher wieder ansehen, besonders wenn sie ein Jubiläum haben:

Vier Hochzeiten und ein Todesfall

Auf der Hochzeit eines Freundes lernt Charles (Hugh Grant) die attraktive, etwas sprunghafte Carrie (Andie MacDowell) kennen und verliebt sich in sie. Nach einigen Pannen und Missgeschicken landen sie zwar im Bett, doch Carrie lebt in den USA und muss am nächsten Tag abreisen. Man verliert den Kontakt, doch auf der nächsten Hochzeit trifft man sich wieder – nun ist Carrie jedoch verlobt, und Charles, der nie so recht von der Liebe überzeugt war, merkt, wie tief seine Gefühle für sie gehen…

Die Idee, fast die gesamte Geschichte auf Hochzeiten sowie einer Trauerfeier spielen zu lassen, ist bestechend und folgt der Theorie, dass viele Menschen ihre Partner bei einer Hochzeit kennenlernen. So erzählen Richard Curtis und Regisseur Mike Newell nicht nur eine, sondern mehr oder weniger acht kleine Geschichten von unterschiedlichen Freunden, die sich immer wieder auf denselben Festivitäten treffen. Manches spielt sich nebenbei oder im Hintergrund ab, weshalb es auch beim wiederholten Anschauen noch etwas zu entdecken gibt.

Sein wahres Meisterstück lieferte Curtis erst mit Notting Hill ab, doch schon in Vier Hochzeiten und ein Todesfall spürt man seine Begeisterung für leicht schräge und verträumte Figuren. Hugh Grant tut, was er am besten kann: charmant stammeln, und trotz seines unverschämt guten Aussehens hat er unerklärlicherweise nie Erfolg bei den Frauen. Leider erfährt man über seinen Charakter Charles herzlich wenig, er scheint ein Playboy zu sein, der in den Tag hineinlebt, wie auch der Rest der Clique der wohlhabenden Oberschicht anzugehören scheint, die keiner nennenswerten Beschäftigung nachgeht. Ein wenig erinnert das an die Romane des 19. Jahrhunderts, in denen sich Gentlemen und Ladies auch vornehmlich dem Müßiggang hingaben.

Im Gegensatz zu damals geht es allerdings im England des späten 20. Jahrhundert recht deftig zur Sache: Sexszenen, eine unflätige Sprache und eine offene Diskussion über die diversen Sexualpartner hätte es in einer Hollywood-Komödie nicht gegeben. Das ausgiebig verwendete F-Wort hatte zur Folge, dass sämtliche Szenen, in denen es vorkam, für den US-Markt ein zweites Mal in einer harmloseren Variante gedreht werden mussten, was die Kosten des Films um glatte 20 Prozent erhöhte…

Schaut man den Film heute an, fallen einem die vielen, bekannten Gesichter auf: Kristin Scott Thomas, John Hannah, Simon Callow, James Fleet, Anna Chancellor und natürlich Rowan Atkinson als vertrottelter Pfarrer. Manche dieser Figuren sind deutlich überzeichnet, andere hingegen bestechen durch ihre feinsinnige Figurenzeichnung. Leider gibt es so viele Charaktere, dass man keinem wirklich nahe kommt, was vor allem auch für Charles selbst gilt.

Nicht alles ist rund in dieser Komödie, manche Gags zünden nicht so recht, und das Tempo ist teilweise auch ein wenig langsamer als man es mittlerweile gewohnt ist. Und so richtig romantisch wird er auch erst zum Schluss, wenn Hugh Grant im strömenden Regen seinen Nicht-Heiratsantrag stammelt…

Note: 2

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.