Dieses Jahr werden wir nicht zur Berlinale fahren. Zum einen fehlt mir die Zeit dafür, zum anderen ist es in Berlin zu kalt. Die Wetterkarte der letzten Tage zeigte stets die tiefsten Temperaturen im Nordosten an – warum sollte es mich dann dort hinziehen? Sobald das Festival auf den Sommer verlegt wird, können wir ja noch darüber reden…
Vergangenes Jahr habe ich in Berlin immerhin einige Filme im Rahmen der Verleih-Screenings gesehen, darunter auch diesen Streifen:
The Place Beyond the Pines
Luke (Ryan Gosling) tritt mit gefährlichen Motorrad-Stunts auf dem Jahrmarkt auf. Als er nach einem Jahr seine Ex-Freundin Romina (Eva Mendes) wiedertrifft, erfährt er, dass er Vater eines kleinen Jungen ist. Er beschließt, in der Stadt zu bleiben und für das Kind zu sorgen. Um an Geld zu kommen, lässt er sich jedoch auf Banküberfälle ein. Der Polizist, der ihn schließlich stellt, ist Avery Cross (Bradley Cooper), der selbst einen kleinen Sohn hat. Die Begegnung wird für beide zu einem Wendepunkt…
Ist kriminelles Verhalten angeboren oder anerzogen? Inwieweit wirken sich Entscheidungen einzelner auf ihr eigenes Leben, das ihrer Angehörigen und sogar auf die nächste Generation aus? Der Film beschäftigt sich mit einigen interessanten Fragen, auf die er aber nur bedingt gute Antworten finden.
Die Geschichte zerfällt in drei Episoden, die inhaltlich miteinander verbunden sind, aber zu unterschiedlichen Zeiten spielen. Ohne den Twist der Story zu verraten, ist es nicht leicht, über die beiden Vater-Sohn-Dramen zu schreiben, die von einem dritten Handlungsstrang, in dessen Zentrum die beiden Kinder stehen, komplettiert wird. Das Sujet ist gut gewählt, die beiden gegensätzlichen Biografien, die hier gegenübergestellt werden, handeln von sozialem Scheitern einerseits und einem steilen Aufstieg andererseits, wobei sowohl Luke als auch Avery moralisch fragwürdig handeln. Die Entscheidungen der Väter haben dann im dritten Teil großen Einfluss auf das Leben ihrer Söhne. Das alles ist gut angedacht und mit Sozialkritik angereichert, aber leider nicht wirklich gut umgesetzt.
Lukes Geschichte ist mit Abstand die spannendste und berührendste der drei und bleibt einem am längsten in Erinnerung. Averys Story ist mehr ein klassisches Cop-Drama, und die Geschichte ihrer beiden Jungen schließlich schwankt ein bisschen unentschlossen zwischen Highschool- und Vergangenheitsbewältigungs-Drama, was vor allem an der schwachen Figurenzeichnung liegt.
Wenn es dann endlich zur lange ersehnten, schicksalhaften Zuspitzung kommt, fällt diese völlig anders aus als erwartet, und das Ende überrascht (oder eher enttäuscht) mit einer letztlich unbefriedigenden Mischung aus Realismus und Zynismus, die verschiedene gesellschaftliche Vorurteile bestätigt. Wirklich nahe gehen einem die Geschichten leider nicht, was vor allem an der lakonischen, distanzierten Erzählweise des Regisseurs Derek Cianfrance liegt, der sich bemüht, keine allzu großen Emotionen aufkommen zu lassen. Wirklich schade.
Note: 4