Ich bin ja kein übermäßig großer Fan von Horrorfilmen, aber hin und wieder sehe ich mir gerne einen an. Und er braucht noch nicht einmal besonders gruselig zu sein, um mich bei der Stange zu halten. Ein paar Schatten, knarrende Stufen und jemand, der plötzlich hinter einer Tür vorspringt, reichen schon, um mir einen Mordsschrecken einzujagen. Weshalb ich bei solchen Filmen immer ein Kissen in Reichweite habe, um mich dahinter zu verstecken. Ja, ich bin ein Weichei, und ich stehe dazu…
Ein guter Horrorfilm bringt einen dazu, sich mit den Urängsten auseinander zu setzen, sich seiner Furcht zu stellen und sie zu überwinden. Im Verlauf eines Films gewöhnt man sich schließlich an die Bedrohung. Was am Anfang unheimlich war, wird ans Licht gezerrt und begreifbar, und je häufiger man in die Fratze des Monsters starrt, desto weniger Angst hat man. So ist der Schrecken, der sich im Kopf abspielt, meist größer als der auf der Leinwand. Und am Ende, wenn man dem Horror getrotzt hat, stellt sich eine unendliche Erleichterung ein, man ist wie befreit – und das ist ein angenehmes Gefühl.
Vergangenes Jahr hat es einige bemerkenswerte Horrorfilme gegeben, und einer davon war:
Mama
Nachdem der Vater (Nicolaj Coster-Waldau) seine Frau getötet hat, fährt er mit den beiden Töchtern in den Wald, um dort sein und ihr Leben zu beenden. Doch in der abgelegenen Hütte greift ihn eine unsichtbare Macht an und bringt ihn um. Fünf Jahre später gelingt es seinem Zwillingsbruder Lucas, die Kinder ausfindig zu machen. Alle rätseln, wie es ihnen gelungen ist, solange im Wald zu überleben. Zusammen mit seiner Frau Annabel (Jessica Chastain) will Lucas sich um die Mädchen kümmern, doch etwas folgt ihnen vom Wald in ihr Haus…
Neben The Conjuring und Evil Dead zählt dieser Film zu den erfolgreichsten Horrorproduktionen des vergangenen Jahres. Dabei erfindet keiner von ihnen das Genre neu, sondern kombiniert lediglich die üblichen Zutaten und fügt sie zu einer halbwegs runden, befriedigenden Geschichte zusammen. Außergewöhnlich ist jedoch der Look dieser Filme, der deutlich über dem Durchschnitt liegt.
Auch Mama verfügt über eine exzellente Kameraarbeit (von Antonio Riestra) und auch über einen sehr guten Soundtrack (die Musik stammt von Fernando Velázquez). Interessante Kamerafahrten und ein paar überraschende, ja, schockierende Momente bebildern diese an sich recht simple Gespenstergeschichte. Die beiden Kinderdarsteller sind großartig, und auch Jessica Chastain als Mutter wider Willen macht ihre Sache gut.
Es gibt nicht sehr viel an dem Film auszusetzen, er ist nicht unbedingt raffiniert gemacht oder erstaunt einen durch geschickte Wendungen, die einem den Boden unter den Füßen wegziehen. Er ist nicht innovativ und hat auch ein paar kleinere Längen. Aber er ist sehr unterhaltsam und gruselig, und was will man von einem Film dieses Genres noch erwarten?
Einziger Schwachpunkt ist leider das Ende, das zu düster und deprimierend angelegt ist. Es erinnerte mich stark an Lady In White (mit dem etwas blöden deutschen Titel Die phantastische Reise ins Jenseits) von 1988 mit Lukas Haas in der Hauptrolle, auch eine Geistergeschichte um eine verstorbene Frau, die ihr Kind sucht, aber mit einer Thrillerhandlung kombiniert und einem Schluss ausgestattet, der so richtig tief in die Kitsch-Kiste greift. Genau dieses etwas rührselige Ende wollten die Macher von Mama wohl unbedingt vermeiden, weil Filme von heute härter und zynischer sein müssen und kein Herz zeigen dürfen, sie erreichten damit bei mir jedoch das genaue Gegenteil: Es enttäuschte.
Note: 3