Der arme Lanz?

Und wieder habe ich es am Wochenende vor lauter Arbeit nicht ins Kino geschafft, um mir Die Eiskönigin anzuschauen, die ein potentieller Top Ten-Kandidat ist. So verschiebt sich mein Jahresrückblick noch ein wenig, aber ich denke, spätestens bis Dezember sollte ich es hinkriegen…

Nachdem Markus Lanz eine Protestlawine losgetreten hat, hätte ich am Samstag beinahe wieder einmal Wetten dass…? gesehen, nur um mich solidarisch zu zeigen. Nicht dass ich ihn besonders leiden könnte oder denke, Sara Wagenknecht hätte die offenkundig unhöfliche Behandlung durch ihn verdient, sondern einzig und allein aus dem Grund, dass er nicht besser oder schlechter ist als andere TV-Moderatoren. Thomas Gottschalk hat uns auch oft gelangweilt, seine Witze waren manchmal die alter Herren und seine „Interviews“ regelmäßig zum Fremdschämen. Allerdings muss ich zugeben, dass ich aufgehört habe, Wetten dass…? zu sehen, als er das erste Mal mit der Sendung Schluss gemacht hat. Mehr als ein paar Minuten, wenn ich zufällig reingezappt habe, konnte ich die letzten zwanzig Jahre nämlich nie ertragen.

Und ich glaube, das ist der eigentliche Punkt: Die Menschen sind stinksauer, weil das Fernsehen so unglaublich mies geworden ist, und Markus Lanz hat den ganzen Frust nun abbekommen. Denn mal ehrlich: Hätten wirklich all die Leute seine Talkshow gesehen, die nun dagegen protestieren, das ZDF wäre mehr als glücklich mit dieser Quote gewesen. Es ist vielmehr die ganze Gutsherrenmentalität, mit der das Öffentlich-Rechtliche uns Zuschauer behandelt, die ewig gleichen Serien, Filme und Showformate. Talkshows beinahe an jedem Abend der Woche mit den immergleichen Gästen. Da muss man doch irgendwann den Koller kriegen.

Natürlich machen die privaten Sender auch kein besseres Programm, aber die haben erstens keinen Kulturauftrag und nehmen zweitens keine GEZ-Gebühren ein. Es ist auch Scheiß, aber es ist wenigstens ein Scheiß, den ich nicht bezahlen muss. Vor vielen Jahren hat ein RTL-Redakteur einmal süffisant zum Besten gegeben, dass ARD und ZDF genauso wie die Privaten alles nur für die Quote tun, und wenn diese einmal nicht stimmt, behaupten sie, diese Sendung sei für die Erfüllung ihres Kulturauftrags gewesen.

Der einzige Trost ist, dass andere Länder auch mieses Fernsehen haben (ja, sogar die Briten, aber bei denen ist der Anteil der qualitativ guten Sendungen, die es schließlich auch und sogar bei uns gibt, höher). Aus Langeweile habe ich in einem Italienurlaub mal die Glotze eingeschaltet und mich über all den Stuss gewundert, der dort auf sämtlichen Kanälen lief, darunter sogar eine Episode von Derrick. Das Gute daran ist nur, dass man den Quatsch wenigstens nicht versteht…

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.