Nach den Golden Globes ist vor der Münchener Filmwoche. Wäre es nicht aus beruflichem Pflichtgefühl und ein bisschen Neugier, ich hätte mir die Preisverleihung geschenkt und dafür ein paar Stunden länger geschlafen, denn heute bin ich den ganzen Tag wie ein Zombie durch die Gegend gewankt und hätte das schmutzige Geschirr um ein Haar in den Kühlschrank und nicht in die Spülmaschine geräumt. Und die nächsten Tage versprechen nicht gerade mehr Nachtschlaf…
Apropos Zombies: Warum wurde eigentlich The Walking Dead nicht als beste Drama-Serie nominiert? Okay, die Konkurrenz war stark, aber trotzdem. In der Liste vermisse ich auch Serie-Meilensteine wie Game of Thrones oder Utopia. Letztere scheint mir ohnehin noch fast ein Geheimtipp zu sein, dabei war sie für mich das aufregendste TV-Ereignis seit Game of Thrones. Immerhin wurde mit der Nominierung von Tatiana Maslany indirekt eine weitere tolle, britische Serie „geadelt“: Orphan Black.
Wer Utopia nicht kennt: Es geht um eine Gruppe von Leuten, die in den Besitz eines brisanten Comicbuches geraten und von einer Geheimorganisation verfolgt werden. Klingt nerdy? Ist es auch, aber nur ein kleines bisschen. Schon die erste Szene der ersten Folge entwickelt einen unglaublich starken Sog, die Inszenierung erinnert ein wenig an Tarantino, ein wenig an Richard Kellys Donnie Darko. Die beiden Auftragsmörder, die die Helden jagen, sind in die Schule des Stoizismus nach Chigurh gegangen, was der Serie etliche Beschwerden wegen zu viel Brutalität auf dem Bildschirm einbrachte, und wenn gegen Ende die Hintermänner und ihre Ziele enthüllt werden, zieht es einem beinahe den Boden unter den Füßen weg, weil es – zumindest für mich – das erste Mal ist, dass man den Zielen des Bösewichtes durchaus etwas abgewinnen kann. Der einzige Makel ist, dass der Staffel in der zweiten Hälfte ein wenig das Tempo ausgeht, bis dahin ist sie aber rasanter und spannender als alles andere, was in letzter Zeit auf dem Bildschirm oder im Kino zu sehen war…
Aber zurück zu den Globes. Ein Trauerspiel war in meinen Augen die Kategorie der besten Komödien-Serie. Von den Nominierten ist in meinen Augen lediglich Modern Family halbwegs komisch, wenn auch nur noch ein Schatten seiner selbst. Parks & Recreation und Brooklyn Nine-Nine kenne ich nicht, mochte aber schon die Ausschnitte und Trailer nicht. Vielleicht gibt es im Augenblick einfach keine richtig gute Komödienserie?
Lustig fand ich dagegen, dass in der Kategorie beste Komödie kein einziger Film nominiert war, den man ruhigen Gewissens als Komödie bezeichnen könnte. Zumindest lassen die Trailer und gezeigten Ausschnitte von American Hustle, Nebraska, Her und Inside Llewyn Davis und ganz sicher nicht von Wolf of Wallstreet diesen Schluss zu. Vielleicht täuscht dieser erste Eindruck, aber vielleicht kann man auch zu Recht behaupten, dass die Komödie in den USA gerade in einer ernsten Krise steckt.
Früher war der Erhalt eines Golden Globes oft ein sicherer Hinweis auf einen späteren Oscargewinn, aber auch das scheint dieses Jahr nicht zu gelten. Bei der Academy wird vermutlich 12 Years A Slave die Favoritenrolle übernehmen und vielleicht ebenfalls den Preis für den besten Film abräumen. Auch Cate Blanchett scheint gesetzt zu sein, das war sie aber bereits vor den Globes. Man wird sehen, wenn Donnerstag die Nominierungen bekannt gegeben werden.
Die Show selbst war leider relativ lahm. Da alle ihre Sprüche vom Teleprompter ablesen, wird jegliche Spontaneität im Keim erstickt, und nur diejenigen, die Erfahrungen mit Komödien haben, schaffen es auch, ihre Witze locker und überzeugend rüberzubringen. Für kleine Überraschungen sorgen nur die Aussetzer und Pannen bei den Preisträgern, Jacqueline Bissets bizarre Rede zum Beispiel. Der Rest ist Tränen und Gestammel (wobei ich mich frage, ob Amy Poehlers Dankesrede wirklich auf ihre Überraschung und Freude zurückzuführen war oder eine der besten improvisierten Parodien aller Zeiten…). Leider haben auch zu wenige Briten gewonnen, die immer die witzigsten Reden halten, weshalb Cate Blanchetts Danksagung noch zu den weiteren Highlights gezählt werden darf.
Am Dienstagabend beginnt wieder die Münchener Filmwoche, wo die Verleiher ihre Filme der nächsten Monate präsentieren. Mehr darüber morgen an dieser Stelle.