Rush

Vergangene Nacht wurden die Golden Globes verliehen, wie immer eine halbwegs unterhaltsame Veranstaltung, die meist lockerer und spontaner wirkt als die Oscars. Über manche Nominierungen kann man den Kopf schütteln (für die todlangweilige Mini-Serie Top of the Lake zum Beispiel), über manche Gewinner auch (war Jacqueline Bisset betrunken oder hat sie sich mit Puff Daddy einen Joint reingezogen?). Eine Überraschung war für mich, dass Spike Jonze den Preis für das beste Drehbuch bekam und nicht der Autor von 12 Years A Slave. Nominiert war auch Daniel Brühl, der aber leider gegen Jared Leto verlor…

Rush

1976 war ein spannendes Jahr in der Welt der Formel Eins, denn in diesem Jahr liefern sich James Hunt (Chris Hemsworth) und der amtierende Weltmeister Nikki Lauda (Daniel Brühl) ein heißes Kopf-an-Kopf-Rennen um den Weltmeistertitel. Nach einem verhängnisvollen Unfall auf dem Nürburgring, bei dem sich Lauda schwere Verbrennungen zuzieht, scheint eine frühe Entscheidung gefallen zu sein, doch Lauda rappelt sich schnell wieder auf, um weiter zu kämpfen…

Von den populären Sportarten ist der Autorennsport wohl jener, der mich am wenigsten interessiert. Es ist laut und langweilig, aber es ist mir durchaus bewusst, dass es sehr viele Menschen gibt, die es lieben, den Fahrern bei ihren endlosen Fahrten im Kreis zuzusehen. Aber viele Menschen finden es auch spannend, stundenlang am Ufer zu stehen und zu angeln.

Dass es Ron Howard trotzdem gelungen ist, einen Film zu diesem Thema zu machen, der mich knapp zwei Stunden lang bei der Stange hält und großartig unterhält, ist schon mal ein Meisterstück. Der Film ist gut inszeniert, manchmal in den Rennen ein wenig zu schnell geschnitten, so dass man den Überblick verliert, aber insgesamt temporeich und niemals langweilig. Peter Morgans Drehbuch geht nicht nur auf die Rivalität zwischen zwei berühmten Fahrern ein, sondern versucht auch, in ihre Psyche zu blicken. Hunt und Lauda könnten dabei nicht gegensätzlicher sein, der eine ein vorlauter Playboy, der keine Party und keine Droge auslässt und sich nur etwas beweisen will, der andere ein gewissenhafter, technikbegeisterter Streber, der seine Passion zu seinem Beruf gemacht hat. Alles in allem ist diese Konkurrenz dramaturgisch nicht sehr ergiebig, aber enorm unterhaltsam.

Der Look wurde mühsam dem leicht verwaschenen Filmmaterial der Siebziger angepasst, das immer wieder dazwischen geschnitten wird, und passt hervorragend zu Stimmung und Atmosphäre der Geschichte. Zwei Szenen werden mir wohl besonders in Erinnerung bleiben: Das amüsante Kennenlernen von Lauda und seiner Frau (Alexandra Maria Lara) und seine Behandlung im Krankenhaus nach dem Unfall, der ebenfalls sehr drastisch geschildert wird.

Die große Überraschung ist Daniel Brühl, der zwar immer gut spielt, diesmal aber über sich hinaus zu wachsen scheint. Sein Nikki Lauda ist so präsent und authentisch, dass man meint, den echten Rennfahrer vor sich zu sehen, sogar der Dialekt (es empfiehlt sich dringend, den Film im Original zu sehen) stimmt haargenau. Selbst Hollywood-Star Hemsworth sieht daneben recht blass aus, und die Golden Globe Nominierung (neben anderen) ist mehr als verdient auch wenn er dann nicht gewonnen hat…

Note: 2-

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Pi Jays Corner von Pi Jay. Setze ein Lesezeichen zum Permalink.

Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.