Früher waren wir häufig in Rom, meistens zum Housesitting in den Sabiner Bergen. Die Besitzer der Villa, auf die wir aufgepasst haben, hatten gute Kontakte zum Vatikan, so dass wir einmal in den Genuss einer Privatführung durch die Vatikanischen Gärten kamen, was ziemlich interessant war. Einen intimeren Einblick in den Vatikanstaat habe ich aber leider nie gewonnen.
Robert Harris hatte da vielleicht mehr Glück, hat er doch einen Roman über eine fiktive Papstwahl geschrieben, dessen Adaption gerade in unseren Kinos läuft. Ich habe ihn mir vergangenen Sonntag angesehen.

Konklave
Nach dem überraschenden Tod des Papstes obliegt es Kardinal Lawrence (Ralph Fiennes) als Dekan, das Konklave abzuhalten. Kardinäle aus aller Welt reisen einige Wochen später nach Rom, um einen neuen Papst zu wählen. Lawrences guter Freund Bellini (Stanley Tucci) ist der Kandidat der Liberalen, der eine weltoffenere Version der Kirche propagiert, sein direkter Widersacher ist Tedesco (Sergio Castellitto), der für eine erzkonservative Ausrichtung steht und am liebsten die Zeit zurückdrehen möchte. Als charismatischer Außenseiter fungiert Benitez (Carlos Diehz), der Erzbischof von Kabul, der erst kürzlich zum Kardinal ernannt wurde. Mit Adeyemi (Lucian Msamati) gibt es einen weiteren konservativen afrikanischen Kandidaten und mit Tremblay (John Lithgow) einen sehr ehrgeizigen Kardinal – über den Lawrence kurz vor Beginn des Konklaves erfährt, dass der verstorbene Papst ihn seiner Ämter entheben wollte.
Der Trailer des Films suggerierte ein spannendes und packendes Drama mit Anleihen beim Polit-Thrillers, konnte man doch annehmen, dass es Ungereimtheiten im Zusammenhang mit dem Ableben des Papstes gibt. Tatsächlich erzählt Regisseur Edward Berger jedoch eine klassische Wettbewerbsgeschichte, und Drehbuchautor Peter Straughan orientiert sich eng an der Vorlage. So geht es in der Geschichte vor allem um die Machtverteilung im Vatikan und die unterschiedlichen Fraktionen, die die Zukunft der katholischen Kirche bestimmen wollen. Das klingt langweiliger als es tatsächlich ist.
Die Einblicke in das Leben im Vatikanstaat, die Rituale beim Tod des Papstes und der Einberufung des Konklaves sind faszinierend, und mit Lawrence gibt es einen aufrechten und sympathischen Helden, dem man gerne in den Intrigantenstadl folgt. Die Story weist einige Parallelen zu In den Schuhen des Fischers auf, der ebenfalls von einer Papstwahl handelt und dabei die Zeitgeschichte – damals der späten Sechzigerjahre – widerspiegelt. Auch dieser Film handelt von einem Außenseiter wie Benitez, der überraschend zum Kardinal ernannt wird und bizarre, geradezu radikale Ansichten von christlicher Nächstenliebe vertritt. Und ebenso wie in Konklave gab es damals auch einen äußeren Konflikt – nicht weniger als der drohende Dritte Weltkrieg – der die Papstwahl massiv beeinflusst.
Berger erzählt seine Geschichte recht spannend, aber leider bisweilen auch etwas weitschweifig. Viele Bilder sind wunderschön, dann wieder patzt aber die Kamera und wirkt etwas orientierungs- und planlos. Manche Dialoge sind großartig, andere platt. Es ist ein ständiges Hit and Miss. Überzeugen können vor allem die großartigen Darsteller, von denen man unbedingt Isabella Rossellini als Schwester Agnes hervorheben muss, die als nahezu einzige Frau in diesem Männer-Ensemble starke Akzente setzt, aber auch die einprägsame Musik von Volker Bertelmann. Insgesamt weiß man aber nicht so recht, worum es eigentlich gehen soll, es fehlt der Fokus auf ein übergeordnetes Thema, das über eine starke soziale Relevanz verfügt.
Alles in allem ist Konklave ein sehr solider Film, mehr Drama als Thriller, obwohl teilweise als solcher inszeniert, nicht ohne Schwächen und mit weniger Stärken als wünschenswert oder möglich gewesen wären, aber durchweg interessant. In Erinnerung bleiben die Einblicke in die Abläufe im Vatikan sowie eine Schlusspointe, die man trotz der Vorhersehbarkeit der Geschichte nicht erwartet hatte. Und das ist schon mehr, als man über viele Filme heutzutage sagen kann.
Note: 3