Hollywood kann ein grausamer Ort sein, vor allem für Frauen. Sexismus und Misogynie werden heute zwar stärker geahndet als in früheren Jahren, sind aber nach wie vor präsent. Während Schauspieler bis ins hohe Alter problemlos Rollen finden und sogar noch mit fünfzig den fidelen Liebhaber spielen dürfen (meist mit deutlich jüngeren Frauen an ihrer Seite), ist bei Frauen mit vierzig bereits der Zug abgefahren. Und inzwischen ist Mitte dreißig bereits das neue vierzig. Wie soll man das nennen? Diskriminierungs-Inflation? Nur mal als Beispiel: In Punchline – Der Knalleffekt von 1988 ist Sally Field noch Tom Hanks Love-Interest, nur sechs Jahre später spielt sie in Forrest Gump seine Mutter, obwohl sie lediglich zehn Jahre älter ist als er. Hollywood ist ‘ne Bitch.
In den Fünfzigern und Sechzigern gehörte Doris Day zu den beliebtesten und erfolgreichsten Schauspielerinnen Hollywoods. Während Marilyn Monroe auf Sexappeal setzte, verkörperte Day eher den bürgerlichen Hausfrauentyp der Eisenhower-Ära, für den Sex außerhalb der Ehe absolut tabu war. Doch ab Mitte der Sechzigerjahre änderte sich der Publikumsgeschmack, die Gesellschaft wurde insgesamt liberaler, und die Sexuelle Revolution warf ihren Schatten voraus. Doris Day wurde als „älteste Jungfrau der Welt“ verspottet, was auch daran lag, dass sie immer noch viele romantische Komödien drehte, die nach dem alten, inzwischen überholten Muster gestrickt waren.
1968 kam ihr letzter Film in die Kinos, und das Jahr war auch ein Wendepunkt im Leben des Stars. Ihr Mann verstarb, sie verlor ihr Vermögen an einen windigen Berater und konnte erst nach einem zermürbenden Prozess einen Teil davon zurückgewinnen. Und fast zur selben Zeit geriet ihr Sohn Terry Melcher, ein erfolgreicher Musikproduzent, ins Visier von Charles Manson, als er sein Angebot, eine Platte mit ihm aufzunehmen, zurückzog. Einige Monate später schickte Manson seine Mörder-„Familie“ in Melchers Haus, das dieser inzwischen jedoch an Roman Polanski und Sharon Tate vermietet hatte.
Okay, wie bekomme ich nun den Bogen von Charles Mansons Morden zu einer harmlosen Komödie mit Doris Day? Mit einer Killer-Pointe? Leider fällt mir keine ein, also lassen wir es besser.
Der Mann in Mammis Bett
Abby (Doris Day) ist eine Witwe mit drei Kindern, von denen der Älteste, Flip (John Findlater) gerade die Highschool abschließt. Mit dem Haushalt und einem prosperierenden Holzhandel ist sie mehr als nur ausgefüllt, doch ihre Schwester besteht darauf, dass sie einen neuen Mann in ihrem Leben braucht. Deshalb lädt Abby Jake (Brian Keith), den ebenfalls verwitweten Freund ihres Mannes, zu einer Dinnerparty ein. Der Abend beginnt mit einer Katastrophe und wird dann noch schlimmer, doch allen Widrigkeiten und Missverständnissen zum Trotz entdecken die beiden schließlich ihre Zuneigung und heiraten nach einer Wirbelwind-Romanze. Sehr zum Leidwesen von Jakes Tochter Stacey (Barbara Hershey) und Abbys Kindern. Nicht einmal ihre Hunde können sich leiden.
Mit Gwen Bagni, Paul Dubov, Harvey Bullock und R.S. Allen waren gleich vier Drehbuchautoren am Werk, und das merkt man auch. Viele Köche verderben bekanntlich den Brei, manchmal sorgen sie aber auch für überraschende Geschmackserlebnisse. Im Kern ist die romantische Komödie sogar erstaunlich modern und nach denselben Plotmustern gestrickt, die auch heute noch zur Anwendung kommen. Sogar das Alter der Protagonisten spielt eine nicht unerhebliche Rolle.
Wie alle Filme dieses Genres ist die Geschichte natürlich arg vorhersehbar, weshalb es umso wichtiger ist, dass sie möglichst flott und witzig erzählt wird. Leider legt Regisseur Howard Morris ein etwas behäbiges Tempo an den Tag, was nur teilweise der Zeit und unseren veränderten Sehgewohnheiten geschuldet ist. Auch die Gags sind, obwohl manche zünden, alles in allem eher harmlos und altbacken. Doris Day wird gelegentlich Opfer der Tücke des Objekts, wie man es aus ihren früheren Filmen kennt, und die Schreiber haben sich große Mühe mit den Dialogen gegeben. Manches funktioniert, anderes nicht. Alles in allem macht der Film jedoch Spaß.
Bisweilen hat man allerdings das Gefühl, als wäre das Drehbuch mit Gewalt überarbeitet worden, um es möglichst modern und cool wirken zu lassen. Oder wie sagte man damals – groovie? Das beginnt schon mit der Eröffnungsszene, in der Doris Day auf den Gabelzinken eines Gabelstaplers ins Bild herabschwebt. Später sitzt sie mit Freunden in einer Disco, konservativ gekleidet und frisiert und am Rand der Tanzfläche, auf der stylische junge Menschen herumzappeln, während der Kameramann wahlweise auf eine Discokugel oder ein Buntglasfenster zoomt. Damals war der Zoom noch eine neue Sache und wurde vor allem in den Siebzigern zum Markenzeichen des zeitgenössischen Films, aber hier wirkt es eher aufgesetzt. Noch später im Film taucht eine Gruppe Hippies auf, die vollkommen fake wirken.
Statt ein biederes Skript zu modernisieren, biedert sich Morris eher beim jungen Publikum an und stößt es gleichzeitig vor den Kopf. Diese Momente wirken verkrampft und unfreiwillig komisch, man sieht keine Hippies, sondern die Vorstellung bürgerlicher Geister davon, wie Hippies aussehen könnten, wenn sie nur ihre Hemden ordentlich bügeln würden. Und Doris Day über Sex reden zu hören, ist sowieso cringe.
So vertut der Film ein paar Chancen, indem er beispielsweise die Hilflosigkeit einer Frau wie Doris Day hätte unterstreichen können, die mit anderen Werten, Ansichten und Vorstellungen ausgewachsen ist und nun mit einer sich zunehmend verändernden Welt konfrontiert wird, die alles ablehnt, wofür sie steht und woran sie glaubt. Aus dieser Reibung hätte man viele komödiantische Funken schlagen können, aber dazu hätte man auch der jüngeren Generation mehr Raum und vor allem ein zeitgemäßes Image geben müssen. Dass Barbara Hershey, die in diesem Film ihr Kinodebüt gab, verkündet, dass sie schon wisse, was Sex ist, gleichzeitig aber betont, noch nie welchen gehabt zu haben, ist jedenfalls der falsche Ansatz. Man hätte sich etwas mehr Mut gewünscht und eine tiefergehende Charakterisierung der Figuren. Stattdessen lösen sich alle Konflikte von selbst in Harmonie auf.
Der Mann in Mammis Bett – der eher skurrile Originaltitel lautet With Six you get Eggroll – ist ein wenig wie das Missing Link zwischen der biederen Doris-Day-Komödie der frühen Sechziger und den modernen romantischen Komödien, mit einem guten Schuss Slapstick. Insgesamt zu harmlos, mitunter peinlich, aber auf unschuldige Art und Weise sehr vergnüglich, mit einigen gelungenen Szenen und einem turbulenten Showdown. Kein Meisterwerk des Genres, aber viel besser als manche heutige Komödien. Oder was neuerdings als solche verkauft wird.
Note: 3